Genuss: Jetzt beginnt die Hochzeit der Mandel-Masse. Zwei Firmen aus Neukölln sind dabei die größten Hersteller hierzulande.

Die Regale in den Supermärkten biegen sich zurzeit unter der Last der weihnachtlichen Süßwaren. Zum bevorstehenden Fest gehören Lebkuchen, Dominosteine und natürlich Marzipan unbedingt dazu. Ein erheblicher Anteil von Letzterem kommt aus Neukölln. Was nur wenige wissen: Nicht Lübeck, sondern Berlin ist nach Angaben der zwei großen Berliner Rohmarzipan-Produzenten Moll und Lemke die Hauptstadt dieser süßen Masse. Bis zu 20.000 Tonnen davon produzieren Lemke und Moll jährlich (55.000 Tonnen sind es insgesamt in Deutschland), wobei letztere Firma auf eine  fast 160-jährige Erfolgsgeschichte in Berlin zurückblicken kann. Beliefert werden deutschlandweit Markenartikel-Hersteller und Großhandel.

Sündhaft teuer

Noch Ende des vorletzten Jahrhunderts war Marzipan („marci panis“ – Markusbrot) für die Bevölkerung nicht bezahlbar.  Der Grund dafür waren nicht etwa die Mandeln, sondern der sündhaft teure Zucker, der erst mit der  Rübenzuckerproduktion Anfang des 20. Jahrhunderts erschwinglich wurde. Einer Legende zufolge soll Marzipan 1407 in Lübeck entstanden sein. Glaubwürdiger allerdings ist, dass die Mandel-Zucker-Masse  im Mittelalter von Persien aus mit den arabischen Händlern nach Europa kam. Die Gründung von Niederegger Marzipan in Lübeck datiert aber immerhin aufs Jahr 1806. Die benötigten Mandeln kamen und kommen zu größten Teilen  aus Kalifornien ( Süßmandeln) sowie aus Spanien und dem Mittelmeerraum.

Kleine Warenkunde

Das Grundrezept für die Marzipan-Rohmasse ist einfach: Fein gemahlene Mandeln und Puderzucker werden mit Wasser und (manchmal) etwas Rosenwasser vermengt, erhitzt und verrührt. Die gesetzlichen Vorgaben fordern mindestens 48 Prozent Mandeln, höchstens 35 Prozent Zucker und maximal 17 Prozent Feuchtigkeit. Für das handelsübliche Marzipan wird dann weiterer Zucker zugesetzt. Einfaches Marzipan muss mindestens 50 Prozent Rohmasse enthalten, Edelmarzipan mindestens 70 Prozent. Bei sehr hochwertigen Produkten wird der Rohmasse kein weiterer Zucker zugesetzt.

Außerdem gibt es zahlreiche Geschmacksvarianten mit Alkohol, Früchten oder Gewürzen. Die Geschmacksunterschiede ergeben sich aus der Qualität der Mandeln sowie dem Verhältnis von süßen zu bitteren Mandeln und der übrigen Zutaten. Je höher der Mandel-Anteil, desto hochwertiger das Marzipan. Die meisten Hersteller hüten ihr Rezept als Geschäftsgeheimnis.

Höchste Qualität

Neben den beiden Neuköllner Marzipan-Großproduzenten gibt es in Berlin tatsächlich noch Süßigkeiten-Manufakturen, die ihr Marzipan selbst herstellen. Zu ihnen zählt die Reinickendorfer Firma Sawade. Für ihre Marzipan-Pralinen und -Spezialitäten wird ausschließlich 100-Prozent-Marzipanrohmasse, also die höchstmögliche Qualität, aus Mittelmeermandeln verwendet. Eine Besonderheit, da sich hier auf natürliche Weise Süß- mit Bittermandeln mischen. Im traditionellen Kupferröstkesselverfahren geröstet, besticht es durch sein charaktervolles Aroma, seinen feinen Mahlgrad und die ausgewogene Süße.

Höchste Qualität für den höchsten Genuss bieten aber auch viele Anbieter von Schokoladen- und Marzipan-Produkten wie Rausch, Erich Hamann, Wald-Königsberger Marzipan oder Bendell. Ganz neu dabei ist die vom Unternehmer Hamid Djadda gegründete Firma „Ohde Marzipan“, die in Tempelhof produziert und gerade eben ihre erste Filiale in der Uhlandstraße eröffnet hat. Das Beste daran: Mit jeder Marzipanpraline tun die Käufer etwas richtig Gutes, wird doch ein Großteil des Verkaufserlöses dazu verwendet, Neuköllner Schüler beim Start ins Leben zu unterstützen.

Markus Engelhardt, Bild Thinkstock/PICLeidenschaft, Moll Marzipan GmbH, Wald-Koenigsberger-Marzpan, Sawade