Berlin (dpa/bb) – Justizsenatorin Felor Badenberg zeigt sich offen für Änderungen der Berliner Verfassung, um den Verfassungsgerichtshof widerstandsfähiger gegen extremistische Kräfte zu machen. In der Landesverfassung sei die Stellung des Gerichts noch nicht ausreichend abgesichert, sagte Badenberg bei einer Diskussionsveranstaltung zu dem Thema im Abgeordnetenhaus. «Es ist an der Zeit, diese offene Flanke zu schließen.»
Auf dpa-Anfrage nannte Badenberg einige Punkte, bei denen sie Handlungsbedarf sieht. So sei etwa die Amtszeit der neuen Verfassungsrichter – sieben Jahre – nicht in der Verfassung, sondern in einem Gesetz geregelt. Die Senatorin kann sich zudem vorstellen, in der Verfassung ausdrücklich festzuschreiben, dass Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes für alle staatlichen Organe bindend sind.
Bundesweite Diskussion
Hintergrund der laufenden Debatte über mehr Widerstandsfähigkeit der Verfassungsgerichte in Bund und Ländern ist die Befürchtung, dass extreme Kräfte mehr als ein Drittel der Sitze in Parlamenten gewinnen.
Sie könnten durch diese sogenannte Sperrminorität wichtige Entscheidungen wie Verfassungsänderungen oder die Wahl von Verfassungsrichtern blockieren, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist. Namentlich wird auf die AfD verwiesen, die nach den Wahlen in Thüringen und Brandenburg eine Sperrminorität hat.
SPD-Vorschlag liegt auf dem Tisch
Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte in der vergangenen Woche eine Verfassungsänderung vorgeschlagen, um sich – wie es hieß – gegen «staatsfeindliche Kräfte» zu wappnen, konkret bei der Wahl neuer Verfassungsrichter.
Der SPD-Vorstoß sieht vor, Verfassungsrichter notfalls mit einfacher Mehrheit in einer «Verfassungssynode» zu wählen, wenn es mit Zwei-Drittel-Mehrheit im Abgeordnetenhaus nicht klappt. Dem neuen Gremium sollen laut SPD Regierender Bürgermeister, Justizsenator, Präsidenten verschiedener Gerichte und Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes angehören.
Badenberg kommentierte die SPD-Idee nicht. Sie werde auch im Lichte der Erkenntnisse der Diskussionsveranstaltung diverse Ideen prüfen und einen eigenen Vorschlag entwickeln, sagte die Senatorin der Deutschen Presse-Agentur.
Verfassungsrichterin gegen Schnellschüsse
Die Präsidentin des Berliner Verfassungsgerichtshofs, Ludgera Selting, sagte, aus ihrer Sicht könne Ergänzungsbedarf in der Verfassung im Hinblick auf einen «Ersatzwahlmechanismus» bestehen. «Ich wünsche mir, dass diese Diskussion in Berlin mit Ruhe und Augenmaß geführt wird.» In jedem Fall müsse der Eindruck verhindert werden, dass Verfassungsrichter der verlängerte Arm von Parteien sein. Denn sie seien keine politischen Player. Auch verfüge das Landesverfassungsgericht bereits über ein «sehr stabiles Sicherungsnetz».
Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Cornelia Seibeld, warnte davor, seit Jahrzehnten bewährte parlamentarische und verfassungsmäßige Regeln nun eilig zu ändern. Ich glaube, wir müssen vor allem aufpassen, dass wir den Minderheitenschutz, den die Sperrminorität letztlich darstellt, jetzt nicht in der Sorge vor einer konkreten Partei aushöhlen.»