Manja Schüle (SPD), brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur.
Manja Schüle (SPD), brandenburgische Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Foto: Soeren Stache/dpa/Archivbild

Potsdam (dpa/bb) – Werkzeuge der Künstlichen Intelligenz (KI) wie das Textprogramm ChatGPT werden auch an Hochschulen immer wichtiger – Universitäten in Brandenburg zeigen sich aufgeschlossen und sehen darin eher Chancen als Risiken. Auch Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) hält es nicht für sinnvoll, KI-Werkzeuge in der Hochschullehre zu verbieten.

«Wir sind da nicht so ängstlich», sagte der Professor an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, Peer Schmidt, der Deutschen Presse-Agentur. Er ist Vizepräsident für Studium und Lehre. Die BTU sei aber auch noch in der «Experimentierphase», was den Umgang etwa mit ChatGPT angehe. Die Universität Potsdam teilte auf Anfrage mit: «Die Auswirkungen von ChatGPT und ähnlichen Programmen für die Lehre stehen seit vergangenem Jahr auf der Tagesordnung.» Die Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT seien als Chance zu betrachten, hieß es.

Wie groß ist aber die Gefahr, dass Studierende KI für Täuschungen einsetzen, bei Prüfungen schummeln und ChatGPT Hausarbeiten schreiben lassen? «Täuschungsversuche sind leider schon seit Spickzetteln, Ghostwritern und Ähnlichem an der Tagesordnung, und die Versuchung wird durch KI nicht kleiner», teilte die Universität Potsdam mit. Die neuen Optionen sollen aber dennoch nicht an den Pranger gestellt werden, sondern es werde versucht, sie so in die Lehre einzubauen, dass die Studierenden lernen, sinnvoll damit umzugehen.

Aufgeflogene Schummeleien hielten sich bislang wohl in Grenzen: «Über die vergangenen Monate hat sich gezeigt, dass die ursprüngliche Sorge vor ansteigendem Betrug durch den unlauteren Einsatz von ChatGPT nicht eingetreten ist», hieß es von der Universität Potsdam. Der Cottbuser BTU-Vizepräsident Schmidt sagte zu möglichen Täuschungsversuchen: «Wir haben noch nichts rückgemeldet bekommen, aber ausschließen will ich das nicht.»

Wissenschaftsministerin Schüle sagte der Deutschen Presse-Agentur, vermutlich werde an allen Hochschulen der Welt gerade intensiv diskutiert, inwieweit Studierende Werkzeuge der KI einsetzen dürften. «Die meisten Experten sagen, dass ein generelles Verbot der Nutzung von KI-Tools in der Hochschulbildung weder realistisch noch didaktisch sinnvoll ist – diese Einschätzung teile ich.»

Schüle hat den Text-Roboter ChatGPT auch selber schon ausprobiert. Beeindruckt habe sie vor allem die sprachliche Qualität. Das Programm sei «superschnell und wird nie müde». Ein entscheidender Nachteil sei: ChatGPT sei eben eine Künstliche Intelligenz und könne nicht wie ein Mensch denken und fühlen. «Manchmal behauptet es auch schlicht Unsinn. Das ist ja eine neue Erfahrung: Dass ein Programm absolut überzeugend behauptet, es gäbe genaue Fakten wider, auf die man sich aber nicht blind verlassen kann. Unser menschliches Urteilsvermögen wird dadurch auf ganz neue Art und Weise herausgefordert.»

An Hochschulen sei durchaus zu befürchten, dass Studierende ihre Hausarbeiten künftig auch von KI-Werkzeugen schreiben ließen und wenig Eigenleistung dabei sei, sagte die Ministerin. «Niemand hat bislang ein Patentrezept, wie man damit konstruktiv umgehen kann.» Aber die Universitäten hätten in der Vergangenheit immer wieder vor der Herausforderung gestanden, ihren Lehrbetrieb und natürlich auch ihre Prüfungsverfahren auf neue gesellschaftliche Anforderungen und technologische Umbrüche anzupassen.

«Ich kann einem Text nicht so ohne weiteres ansehen, ob er von einer KI oder von einem Menschen geschrieben worden ist. Das stellt die Hochschulen natürlich durchaus vor Herausforderungen – bei klassischen Hausarbeiten genauso wie bei Dissertationen.» Es gelte, einem unreflektierten Gebrauch von KI-Tools vorzubeugen, der ein großes Risiko für die Hochschulbildung darstelle.

Künstliche Intelligenz ist an vielen Hochschulen zunehmend Gegenstand eigener Studiengänge. Die Universität Potsdam, Brandenburgs größte Hochschule, ist in der KI-Forschung breit aufgestellt. Expertinnen und Experten befassen sich dort unter anderem auch mit dem Einsatz von KI im Schulunterricht. Die BTU in Cottbus hat zum vergangenen Wintersemester den Studiengang «Digitale Gesellschaft» geschaffen. Zudem gibt es neue Studiengänge im mathematisch und technischen Bereich, die sich mit KI befassen.