Im Streit um den Umbau des Karstadt-Hauses am Hermannplatz ist kein Ende abzusehen. Grüne und Linke wenden sich mit einem Protestbrief an den Senatschef.
In einem Protestbrief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisieren acht Vertreter von Grünen und Linken aus Friedrichshain-Kreuzberg den geplanten Umbau des Karstadt-Hauses am Hermannplatz. Darüber berichtet der RBB. Demnach sprechen die Politiker – darunter Mitglieder von Bundestag, Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlung (BVV) – von einer „inakzeptablen Form der politischen Erpressung“, wenn der Investor Signa die Arbeitsplätze in einigen Kaufhäusern nur erhalten wolle, wenn die eigenen Bauinteressen durchgesetzt werden könnten.
Unterdessen wandte sich der Landesverband der Linken am vergangenen Wochenende in einem Parteitagsbeschluss gegen die Vereinbarung zwischen dem Berliner Senat und dem Immobilienkonzsern Signa zur Rettung der Karstadt-Kaufhof-Warenhäuser in der Hauptstadt. Diese betrifft die Filiale an der Weddinger Müllerstraße sowie die Häuser am Tempelhofer Damm und an der Wilmersdorfer Straße. Müller und die IHK Berlin kritisierten die Entscheidung der Linken.
Senat entmachtet Bezirke
Der rot-rot-grüne Senat hatte vor knapp drei Wochen in einer Absichtserklärung dem Immobilien-Konzern Signa unter anderem versprochen, dass er die Neubaupläne am Hermannplatz unterstützt. Den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln soll die Zuständigkeit entzogen werden. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) kritisierten das Vorgehen. Schmidt war vonseiten der CDU und SPD wiederholt vorgeworfen worden, das Projekt zu blockieren.
„Dass der Senat die Zuständigkeit für das Karstadt-Gebäude an sich gezogen hat, finden wir falsch“, so Annika Gerold und Julian Schwarze, Sprecher der Friedrichshain-Kreuzberger Grünen-Fraktion, in einer Anfang des Monats veröffentlichten Erklärung. Das in der Vereinbarung des Landes mit Signa vorgesehene Masterplanverfahren liege nun in der alleinigen Verantwortung des Senats. „Wir erwarten, dass bei so einem Verfahren die Leitlinien für Bürgerbeteiligung des Landes eingehalten und keine Ergebnisse vorweggenommen werden.“
Wichtig bleibe, dass der Hermannplatz nicht einseitig im Sinne eines Investors umgestaltet wird, sondern die Auswirkungen auf den gesamten Kiez und das Kleingewerbe berücksichtigt sowie eine soziale und gemeinwohlorientierte Entwicklung für die Menschen vor Ort gewährleistet wird.
Investor Signa will Karstadt-Altbau abreißen
Die österreichische Signa-Gruppe hatte den Karstadt-Standort vor gut einem Jahr erworben. Die angestrebte Entwicklung des rund 14.000 Quadratmeter großen Grundstücks zwischen Hermannplatz, Urbanstraße und Hasenheide hat im Kiez Ängste vor Verdrängung und weiterer Gentrifizierung ausgelöst.
Unter anderem ist vorgesehen, den aus den 50er-Jahren stammenden Karstadtbau abreißen und, angelehnt an das ursprüngliche Warenhaus der 20er-Jahre, neu zu errichten (siehe Visualisierung). In den Geschossen über dem eigentlichen Kaufhaus, das erhalten bleibt, sollen Gewerbe- und Büroflächen entstehen. Darüber hinaus ist eine öffentliche Dachterrasse mit Gastronomie-, Kunst- und Kulturangeboten geplant. Das Fragment des Warenhauses von 1929 soll hingegen denkmalgerecht saniert werden. Laut Signa soll es zu 100 Prozent gemeinwohlorientierten Nutzungen Raum bieten.
Datum: 22. August 2020, Text: Nils Michaelis, Visualisierung: Signa