Nachricht sorgt für ein vorsichtiges Aufatmen an der Waldenserstraße 9.
Gleich mehrere Hausgemeinschaften fürchten im Bezirk gerade um ihren Wohnraum. Die Künstler und Gewerbetreibenden der Kolonie10 konnten erst vor wenigen Wochen einen Teilabriss ihrer Garagen abwenden. Ob die Kunstflächen langfristig gesichert werden können, ist aber weiterhin unklar. Währenddessen kämpfen die Mieter der Häuser Waldenserstraße 9, Koloniestraße 13/Osloer Straße 93 und die der Siemensstraße 13-14 um ihren Verbleib und gegen steigende Mieten.
Verdrängung befürchtet
Sie alle sollen von einem schwedischen Investor, der Skjerven Group, erworben werden, der in seinem Portfolio unter anderem damit wirbt, „das erhebliche Wertsteigerungspotenzial über den Investmentzeitraum zu heben“. Es bestehe eindeutig kein Interesse, preiswerten Wohnraum zu erhalten, urteilt die Linksfraktion im Bezirksparlament. In einem gemeinsamen Antrag mit der SPD-Fraktion, den Grünen und der Gruppe der Piraten forderten sie das Bezirksamt deshalb auf, das Vorkaufsrecht für die besagten Häuser wahrzunehmen. Mit einem ersten Erfolg. So hat der Bezirk knapp zwei Wochen vor Ende der Prüfungsfrist für das Wohnhaus an der Waldenserstraße die Ausübung beschlossen. Auch für die anderen Grundstücke ist die Wahrnehmung des Vorkaufsrechts in Planung.
Allerdings bislang noch unter Vorbehalt: Zunächst müssen die betriebseigenen Gremien und die Senatsverwaltung für Finanzen ihre Zustimmung geben. „Wir freuen uns, dass unsere Protestaktionen und die unzähligen Gespräche mit Bezirkspolitikern wirkungsvoll waren. Jetzt müssen Finanzsenator Matthias Kollatz und das Land Berlin zeigen, dass man es wirklich ernst meint mit dem schützenden Instrument des Vorkaufsrechts. Wenn hier nicht die entsprechenden Mittel in Form einer Eigenkapitalzuwendung bereitgestellt werden, dann bleibt der Beschluss des Bezirks ein zahnloser Tiger“, erklärt Marco Jahn von der Mieterinitiative Waldenser9.
Bewährtes Mittel in Milieuschutzgebieten
Das Vorkaufsrecht ist ein bewährtes Mittel, um mögliche Verdrängung zu vermeiden. Es steht den Bezirken in Milieuschutzgebieten zu, wenn dort Immobilien den Eigentümer wechseln sollen. Bevor sie von diesem Recht Gebrauch machen, finden aber meist Gespräche mit den Investoren statt, die im besten Fall in einer sogenannten Abwendungsvereinbarung münden. Auf eine solche habe die Skjerven Group aber nicht reagiert, so Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD). In dem Haus an der Waldenserstraße wohnen knapp 60 Mietparteien, einige Bewohner leben seit den 1950er-Jahren in dem Haus im Milieuschutzgebiet Waldstraße. Sie hatten mit mehreren Aktionen und Kundgebungen auf ihre Situation aufmerksam gemacht.
Datum: 26. Juni 2020, Text: kr, Bild: Mieterinitiative Waldenser9