Der Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses.
Der Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses.

Parlamentarier beschließen höhere Diäten und längere Sitzungszeiten.

Arbeitet ein Parlament, das länger tagt, auch automatisch besser? Das ist eine von vielen Fragen, die sich etliche Berliner mit Blick auf die Änderungen am Landesabgeordnetengesetz stellen, die das Abgeordnetenhaus Ende September beschlossen hat. Für besonders viel Diskussionsstoff sorgt die Erhöhung der Diäten, also der monatlichen Bezüge der Abgeordneten. Diese steigen von 3.944 auf 6.250 Euro im Monat.

Kaum Gegenstimmen

Die saftige Steigerung um fast 60 Prozent wird damit begründet, dass das Abgeordnetenhaus ab Januar 2020 nicht mehr als Teilzeit-, sondern als Vollzeitparlament tagt. In namentlicher Abstimmung stimmten die Fraktionen von SPD, Linken, CDU, FDP sowie die meisten Grünen für die Gesetzesänderung. Neben der AfD votierten drei Grünen-Abgeordnete dagegen.

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An der Größe des Abgeordnetenhauses soll sich nichts ändern. Laut Verfassung hat es 130 Mitglieder, wegen Überhang- und Ausgleichsmandaten sind es aktuell 160. Bei der Bezahlung liegen sie künftig knapp unter dem Durchschnitt aller Landtage von 6.755 Euro. Das Spektrum reicht von 2.907 Euro in Hamburg bis 9.330 Euro in Nordrhein-Westfalen.

Mehr Sitzfleisch

Für die höheren Diäten müssen die Abgeordneten allerdings auch mehr leisten. Jedenfalls, was ihre Anwesenheit im Parlament betrifft. Dieses tagt ab dem kommenden Jahr drei Stunden länger, nämlich bis um 22 Uhr. Ab 2021 sind zwei zusätzliche Sitzungstermine pro Jahr vorgesehen, sodass sich deren Gesamtzahl auf 18 erhöht. Die Sitzungen der Fachausschüsse dauern statt zwei künftig drei Stunden. Die Reform umfasst weitere Punkte. So wird hervorgehoben, dass die politische Arbeit der berufliche Schwerpunkt der Abgeordneten ist, Nebentätigkeiten sollen aber möglich bleiben

. Die parlamentarischen Geschäftsführer von SPD, Linken, Grünen, CDU und FDP erklärten, man wolle sich von der „Lebenslüge“ Teilzeitparlament verabschieden. Schon jetzt sei das Mandat für viele Abgeordnete ein Vollzeitjob, das Arbeitsaufkommen sei gestiegen. Ziel sei, auch in Zukunft eine sehr enge parlamentarische Kontrolle des Senats zu gewährleisten. Seitens der AfD-Fraktion war von einer „saftigen Diätenerhöhung, die sich als Parlamentsreform tarnt“ die Rede.

Weniger Mandate

Kritik kommt auch vom Bund der Steuerzahler. „Die massive Erhöhung der Abgeordnetenentschädigungen bei der in Berlin sehr hohen Anzahl an Mandaten wird die Kosten jetzt komplett aus dem Ruder laufen lassen“, sagte Verbandschef Alexander Kraus laut Medienberichten. „Das Parlament muss sich entscheiden, ob es ein Teilzeitparlament mit vielen Abgeordneten oder ein Vollzeitparlament mit voller Vergütung sein will“, unterstrich er. „Dann müssen aber auch weniger Mandate reichen. Die Ausgaben für das Abgeordnetenhaus seien in den vergangenen sechs Jahren um fast zwei Drittel auf 64,3 Millionen Euro gestiegen, nicht zuletzt durch stark erhöhte Fraktionszuschüsse.

Datum: 11. Oktober 2019. Text: Redaktion. Bild: Abgeordnetenhaus von Berlin.