Tempelhof-Schöneberg setzt zum Chanukka ein politisches Zeichen gegen Antisemitismus.
Mindestens 2.300 Menschen jüdischen Glaubens wohnen laut dem Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (Stand 2011) in Tempelhof-Schöneberg. Doch das friedliche Leben im Bezirk wird immer häufiger von antisemitischen Vorfällen überschattet. Dem soll nun deutlich und vor allem sichtbar mit der Ausrichtung des jüdischen Lichterfestes Chanukka vom 2. bis 10. Dezember an zentralen Orten entgegen getreten werden. Auf Mitinitiative der Grünen-Fraktion hat die jüdische Gemeinde zusammen mit dem Bildungszentrum „Chabad Berlin“ ein Programm für die Festtage erarbeitet. „Wir wollen ein politisches Zeichen setzen“, erklärt Rainer Penk, Fraktionsvorsitzender der Grünen in Tempelhof-Schöneberg. Die Aktion solle zeigen, dass das Judentum „selbstverständlich ein Teil von uns ist“.
Tägliche Angriffe
Dieser Demonstration der Zugehörigkeit gingen die vermehrt antisemitischen Übergriffe in ganz Berlin voraus. Die Liste mit 527 Vorfällen im Halbjahr 2018, die von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) veröffentlicht wurde, ist lang. Sie reicht von wüsten Schmierereien auf Stolpersteinen über grobe Beleidigungen und tätlichen Angriffen bis in den Schulalltag hinein.
In der Friedenauer John-F.-Kennedy-Schule etwa wurde ein 15-jähriger Jugendlicher monatelang von seinen Mitschülern gemobbt, weil er Jude ist. Ebenso konnte sich ein Mädchen in der Tempelhofer Paul-Simmel-Grundschule nicht gegen die Angriffe derer erwehren, die dem jüdischen Kind sogar mit dem Tod drohten. Dass es sich dabei nicht um einmalige Taten handelt, machte insbesondere das Beispiel des Restaurantbesitzers Yorai Feinberg in Schöneberg deutlich. Dieser berichtete von antisemitischem Hass, der ihm fast täglich begegnet.
Chanukka unterstützen
Bereits Anfang des Jahres hatten die Bezirksverordneten deswegen in einer Willenserklärung bekundet, in ihrem täglichen Handeln klar zu machen, dass jüdisches Leben zu Deutschland gehöre. Um den Worten nun Taten folgen zu lassen, hatten die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung einen Antrag für die Unterstützung des jüdischen Lichterfestes eingereicht, dem zugestimmt wurde. Erstmals nach der NS-Zeit soll dieses religiöse Fest auch in Tempelhof-Schöneberg wieder offiziell begangen werden. „Das Bayerische Viertel war mit der Synagoge das Zentrum jüdischen Lebens in Berlin“, sagt Penk. Mit dem Aufstellen eines Leuchters am Wittenbergplatz und vor der Urania wolle man an diese reiche Geschichte anknüpfen.
Weitere Aktionen
Weitere geplante Programmpunkte sind der Auftritt des Chores der jüdischen Gemeinde und eine offizielle Zeremonie, die ausdrücklich alle Bürger willkommen heißt. Diese findet am 4. Dezember, 17.30 Uhr, vor dem KadeWe statt. Auch Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler wird teilnehmen: „Der Bezirk unterstützt das jüdische Lichterfest absolut und ich hoffe, dass dies hier zur Tradition wird.“
Datum: 30. November, Autor: Karin Reimold, Bild: Thinkstock/iStock/blueenayim