In der Wilmersdorfer Straße eröffnet bald der erste Berliner Reste-Supermarkt.
Manchmal ist es nur eine kleine Krümmung, die darüber entscheidet, ob ein Lebensmittel im Supermarktregal oder doch in der Abfalltonne landet. Auch nach anderen – rein optischen – Kriterien werden jedes Jahr etwa elf Millionen Tonnen Nahrung in Deutschland weggeschmissen. Zu klein, zu groß, zu krumm: Lebensmittel, die nicht der Norm entsprechen, werden in der Regel nicht zum Verkauf angeboten. Das wollen Alexander Piutti, Raphael Fellmer und Martin Schott von SirPlus ändern. Gemeinsam mit der Lebensmittelindustrie arbeiten sie daran das Retten von Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln zu revolutionieren.
Das Ziel: Produkte, die vielleicht optisch nicht der Norm entsprechen, aber ihren wohlgeformten Artgenossen geschmacklich in nichts nachstehen, vor der Abfalltonne zu retten. Schon vor einigen Jahren kam den Dreien die Idee, einen Supermarkt speziell für gerettete Lebensmittel zu öffnen. Über die Plattform Startnext fanden sie schnell zahlkräftige Unterstützer und sammelten innerhalb weniger Wochen den Großteil des notwendigen Kapitals ein. Auf der Suche nach passenden Räumlichkeiten für ihr Food-Outlet wurden sie schließlich in der Wilmersdorfer Straße fündig.
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Erster Berliner Reste-Supermarkt
Am 8. September ab 11 Uhr können Kunden in der Nummer 59 dann die leckeren Mängelexemplare erwerben. Darunter neben krummgeratenen Gurken, auch blasse Pfirsiche, erst kürzlich abgelaufene Joghurts und Brot vom Vortag – alles natürlich nach wie vor genießbar. Für die Qualität der Produkte bürgt ein Fachmann für Lebensmittelhygiene, der sämtliches Obst und Trockenware vor dem Verkauf prüft. 20 Prozent der Lebensmittel werden zudem an soziale Projekte gespendet.
Zu den Kooperationspartnern von SirPlus gehören übrigens bereits namhafte Großhändler, Produzenten, Landwirte und Logistikunternehmen, darunter Metro, Real und Hamberger. Die überschüssige Ware wird im Reste-Supermarkt dann bis zu 70 Prozent günstiger verkauft. Der Laden ist dabei nur der erste Schritt der Food-Revolution. Im Herbst soll ein Online-Shop folgen, der die weichen Bananen und knubbeligen Karotten nach ganz Deutschland liefert.
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Lebensmittelverschwendung in Deutschland und Europa
- Pro Kopf landen jährlich 80 Kilo Lebensmittel in deutschen Mülleimern.
- Dänen, Malteser und Ungarn sind mit nur 10 Kilo im Jahr weniger verschwenderisch.
- Zweidrittel der Nahrungsmittelverschwendung findet im Haushalt statt.
- Häufigster Grund für die größer werdenden Abfallberge ist ein Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums.
- Circa. 1.000 Euro könnte ein 4-Personen-Haushalt durch einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln jährlich einsparen.
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Digitaler Marktplatz
Der nächste Schritt ist dann die Etablierung eines digitalen Marktplatzes, auf dem Landwirte und Supermärkte ihre überschüssigen Waren günstig verkaufen oder verschenken können. Als Konkurrenz zu bestehenden Akteuren wie der Berliner Tafel sehen sich die drei aber nicht. Immerhin würden in Deutschland nach wie vor die Hälfte aller Lebensmittel verschwendet, das Potenzial für Unternehmen, die das ändern wollen, ist also enorm. Vorbild für das Lebensmittel-Outlet war unter anderem The Good Food in Köln, Deutschlands erster und bislang einziger Reste-Supermarkt. Ab Anfang September wird dann SriPlus in die ökologischen Fußstapfen des Vorreiters treten
Kr/red, Bilder: thinkstock/istock/moisseyev, thinkstock/istock/AlexRaths