Breitscheidtplatz: Bezirksamt will ein Mahnmal für die Opfer vom Weihnachtsmarkt.

Einen Monat ist es her, seit der Anschlag des Tunesiers Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz die ganze Welt erschütterte. Zwölf unschuldige Menschen mussten sterben, 55 weitere wurden teils schwer verletzt. Der Fassungslosigkeit über die Tat folgten inzwischen Ärger und Wut über Versäumnisse und Pannen der Behörden, die dem „Gefährder“ auf der Spur waren, ohne ihn zu stoppen. Anwälte der Opfer prüfen inzwischen Millionenklagen, um den Staat für seine Versäumnisse haftbar zu machen.

Mangelnde Trauerkultur

In Berlin aber hat auch die Debatte begonnen, wie der Opfer zu gedenken ist. Noch immer zeugt ein Blumen- und Kerzenmeer am Tatort von der gewaltigen Anteilnahme und Solidarität der Berliner und Touristen. Es gab einen Trauergottesdienst in der Gedächtniskirche, Schweigeminuten im Abgeordnetenhaus und Bundestag. Vielen ist das zu wenig. Die Angehörige eines Opfers beklagte öffentlich „eine mangelnde Trauerkultur“. Verletzte und Hinterbliebene könnten nicht einfach zur Normalität übergehen. Es geht um eine zentrale Gedenkfeier, die es bisher nicht gab.

Es geht aber auch um die Frage, die Opfer stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung zu rücken, ohne den Wünschen der Angehörigen zu widersprechen. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf will nun zumindest einen würdigen Ort zum Gedenken schaffen, der das bisherige Provisorium ersetzt. „Zum ersten Jahrestag wollen wir etwas haben: eine Tafel, eine Stele, einen Stein. Was genau, wird derzeit diskutiert. Auch ob darauf die Namen der Opfer genannt werden sollen“, sagte Vize-Bezirksbürgermeister Carsten Engelmann (CDU) der Berliner Zeitung.

Wenig bekannt

Öffentlich bekannt ist über die Toten und Verletzten noch relativ wenig. Zehn der zwölf Todesopfer haben in Deutschland gelebt: sieben in Berlin, zwei in Brandenburg, eines in Nordrhein-Westfalen. Eine getötete Frau stammt aus Israel, ein weiteres Opfer aus Polen. Offenbar sind auch Staatsbürger aus der Ukraine und Tschechien unter den Toten. In einigen Ländern hat es eigene Gedenkveranstaltungen gegeben.

Politik gefordert

Die evangelische Kirche hat sich für einen dauerhaften Gedenkort am Breitscheidplatz ausgesprochen. „Dass es einen Ort geben muss, wo man noch einmal der Opfer gedenken kann, das ist allen klar“, sagt Bischof Markus Dröge. Was genau den Blumen und Kerzen folgen soll, das müsse die Politik nun klären, heißt es. Genau damit hatte Berlin in der Vergangenheit aber so seine Probleme. Nachdem der iranische Geheimdienst 1992 im Wilmersdorfer Restaurant „Mykonos“ vier Oppositionelle erschoss, dauerte es beispielsweise zwölf Jahre, ehe eine Gedenktafel angebracht wurde.

Michael Hielscher, Bild: imago/Reiner Zensen