BVG rüstet alle Berliner U-Bahn-Stationen mit modernen Kameras aus.

Jüngster Fall am Neujahrsmorgen, U-Bahnhof Eberswalder Straße: Zwei Frauen werden verbal angepöbelt. Als sich ein Zeuge schützend vor die Frauen stellt, wird er aus einer angeblich osteuropäischen Gruppe heraus mit Faustschlägen angegriffen und ihm ein Zahn ausgeschlagen. Unfassbare Vorfälle wie der brutale Tritt in den Rücken einer Frau oder der Versuch, einen Obdachlosen anzuzünden, sind Wasser auf die Mühlen der Videobefürworter. Auch, weil die Täter mit Hilfe der Technik schneller gefasst wurden. Einem weiteren Passanten wird eine Flasche ins Gesicht geworfen. Umfragen beweisen: 83 Prozent der Fahrgäste fühlen sich sicherer, wenn Bahnhöfe von Kameras überwacht werden.

Gemeinsame Streifen

cr_lvs_bva-kameras_innenDie Berliner Verkehrsbetriebe rüsten also auf, investieren 48 Millionen Euro, um alle 173 U-Bahnhöfe der Hauptstadt mit modernen Kameras auszurüsten. Diese haben jeden Winkel der Stationen im Blick, können Details heranzoomen und liefern Bilder in so guter Qualität, dass der Polizei bessere Fahndungserfolge ermöglicht werden.Zwar sind schon heute alle Berliner U-Bahnstationen videoüberwacht, doch nur auf 45, wie an der Eberswalder Straße, am Alexanderplatz, am Richard-Wagner-Platz, der Gneisenaustraße oder am Rathaus Neukölln, sind bereits die modernen Späher im Einsatz. Nun macht die BVG Tempo. Laut Sprecher Markus Falkner gehören der Ausbau und die Modernisierung der Kameratechnik zu einem seit 2011 verfolgten Maßnahmepaket. Seither sei beispielsweise auch der Personalaufwand für die Sicherheit um 50 Prozent erhöht worden. Innensenator Andreas Geisel plant zudem, die 2003 eingestellten gemeinsamen Streifen von Polizei und BVG-Sicherheitsleuten in U-Bahnhöfen wieder einzuführen. Die Kameras seien also nur ein Punkt aus dem Gesamtpaket, betont Markus Falkner. Wohlwissend, dass die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum in Berlin politisch umstritten ist.

Müller bewegt sich

Der neue Senat lehnte dies bisher ab. Angesichts jüngster Fahndungserfolge aber hofft nun auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf Bewegung in seiner rot-rot-grünen Koalition. Die Aufnahmen werden 48 Stunden gespeichert, von der Polizei ausgewertet und dann automatisch überspielt. Die Zahl der bei Verdachtsfällen getätigten polizeilichen Anfragen steigt ständig. Auch das rechtfertigt den Kauf weiterer Technik. 2.000 Euro kostet eine dieser Superkameras – deren Wartung weitere 255 Euro jährlich. Inzwischen haben fast alle BVG-Busse und auch 80 Prozent der Straßenbahnen Kameras an Bord. S-Bahn-Züge verkehren dagegen ohne Kameras. Nur auf Bahnhöfen sind diese seit kurzem in größerer Zahl im Einsatz und eigentlich fürs Abfertigen der Züge durch die Triebwagenführer installiert.

Dementsprechend erfassen die Kameras auch nur die Türbereiche der Wagen. Ein nachträglicher, teurer Einbau in alte Züge kommt für die S-Bahn nur in Frage, falls der Senat dies finanziert. Bei der Bestellung neuer Züge hat der Senat den Einbau von Kameras längst zur Bedingung gemacht.

Text und Bilder: Michael Hielscher