Lichtenbergs linke Bürgermeisterkandidatin fühlt sich hängengelassen.

Diesen Wahlabend im Bezirksparlament werden die Lichtenberger Linken so schnell nicht vergessen. Gleich zwei Mal ließen die Genossen ihre Bürgermeisterkandidatin Evrim Sommer zur Wahl antreten und beide Male fiel sie völlig chancenlos durch. Nur Minuten vor dem Wahlgang hatte ihr die rbb-Abendschau in einem Bericht die Fälschung eines akademischen Titels vorgeworfen und damit das Geschehen des Wahlabends völlig auf den Kopf gestellt.

Keine Chance

In einem Beitrag formulierte das Magazin den Verdacht, Bürgermeisterkandidatin Evrim Sommer hätte in den vergangenen Jahren ihren Studienabschluss vorgetäuscht. Im offiziellen Handbuch des Berliner Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 2011 sei sie als Historikerin und mit einem Bachelor-Titel geführt. Wie ein Lauffeuer hatte sich der rbb-Live-Stream mit diesem Beitrag via Smartphone in den Reihen der Bezirksverordneten in diesem Moment ausgebreitet und noch vor der ersten Stimmabgabe hatte Evrim Sommer die Wahl zu Lichtenbergs Bürgermeisterin bereits verloren. Für eine Rechtfertigung oder Aufklärung zu den Vorwürfen blieb ihr gar keine Zeit und die parlamentarische Demütigung der 45-jährigen Politikerin folgte in zwei Akten: Ergab die erste Stimmabgabe noch 25 Ja-Stimmen, fiel der zweite Versuch nun mit nur 24 Ja-Stimmen durch. Der tags zuvor vereinbarte Kooperationsvertrag zwischen SPD und Linke und den assoziierten Grünen hätte für bis zu 36 Ja-Stimmen sorgen können, um die nötige Mehrheit von 28 Stimmen sogar noch zu übertreffen.

Nahezu fluchtartig und sichtlich aufgelöst verließ Sommer den BVV-Saal nach dem gescheiterten zweiten Wahlversuch. Anfang der Woche ließ Evrim Sommer nun auch den formalen Rückzug folgen. „Hiermit ziehe ich meine Bewerbung für das Amt der Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg zurück. Ich lege gleichzeitig mit sofortiger Wirkung mein Amt als Vorsitzende der Linken in Lichtenberg nieder“, erklärte die kurdischstämmige Politikerin ihren Rücktritt von ihren weiteren Wahlambitionen in einer Pressemitteilung. Bei ihrer Bewerbung um das Amt der Bürgermeisterkandidatin habe sie unterschätzt, dass ein Teil der Partei nicht bereit sei, neue und unkonventionelle Wege im Interesse des Bezirks zu beschreiten. Ihr sei schließlich von Teilen ihrer eigenen Fraktion Misstrauen entgegen gebracht worden – anonyme Nein-Stimmen und parteischädigendes Verhalten aus den eigenen Reihen gegenüber Berliner Medien hätten ihr gezeigt, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dieser Fraktion und Teilen der Partei nicht mehr möglich seien, führte Sommer als einen Grund für ihren Kandidaturrückzug an.

Autor und Bild: Stefan Bartylla