Berliner Beirat für Schöneweide zieht Bilanz / Plakataktion von Studenten gestartet.
Noch vor wenigen Jahren wäre es Christiane Oeftiger nicht im Traum eingefallen, auf dem nächtlichen Heimweg den Weg vom S-Bahnhof Schöneweide zu ihrer Wohnung in Oberschöneweide zu nehmen. Zu groß war die Angst der Studentin, gewaltbereiten Rechtsextremen über den Weg zu laufen. Das hat sich geändert. Die einst so dominante Nazi-Szene wurde in letzter Zeit zurückgedrängt, macht momentan vor allem mit Aufklebern und Schmierereien auf sich aufmerksam.
Entsprechend positiv fiel jetzt eine erste Bilanz des Berliner Beirates für Schöneweide aus. Vor drei Jahren hatten Vertreter von Senat, Bezirk und landeseigenen Wohnungsunternehmen, unterstützt von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin und des Zentrums für Demokratie, das Gremium aus der Taufe gehoben, um die Nazistrukturen in dem Ortsteil zu bekämpfen und die demokratische Kultur zu stärken. Der Ort für eine öffentliche Auswertung hätte symbolischer kaum sein können. Bis zum Frühjahr 2013 trafen sich Rechtsextremisten in der die Kneipe „Zum Henker“. Heute befindet sich an dem Standort in der Brückenstraße eine Pizzeria – betrieben von einer Neuköllnerin mit arabischen Wurzeln. Auch der einst benachbarte Nazi-Laden „Hexagon“ ist Geschichte. „Jetzt ist jedem klar, dass der Rechtsextremismus in Schöneweide kein lokales Problem ist und dass sich die ganze Stadt dagegen engagieren muss“, so Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD). Mit einer neuen Klausel in Gewerbemietverträgen sei verhindert worden, dass sich neue Treffpunkte und Geschäfte der braunen Szene etablieren. Staatssekretär Boris Velter (SPD) ließ wissen, dass der Senat sein Landesprogramm für die Bekämpfung des Rechtsextremismus für 2017 von 2,3 auf 3,3 Millionen Euro aufstockt. Als einen wichtigen Partner für mehr Weltoffenheit im Kiez bezeichnete Igel die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Eine Gruppe von Lehrenden und Studierenden stellte an diesem Tag den Siegerentwurf eines antirassistischen Plakatwettbewerbs vor. „Rassismus ist Schweineöde. Vielfalt ist Schöneweide“: 250 Plakate mit diesem Spruch werden dieser Tage in Nieder- und Oberschöneweide aufgehängt. Den Anfang machte Igel vor der Pizzeria in der Brückenstraße. Mit dabei war auch die Wirtschaftskommunikationsstudentin Oeftiger. „Hier leben Menschen aus vielen unterschiedlichen Kulturen friedlich zusammen, auch die vielen neuen Läden und Cafés prägen ein neues Bild von Schöneweide“, sagt sie. Ein Semester lang hat sie mit ihren Kommilitonen an dem Plakatmotiv gearbeitet. Nun hofft sie, dass es nicht nur die Augen, sondern auch die Köpfe der Menschen erreicht.
Nils Michaelis, Bild: Nils Michaelis