Die beiden Teilnehmer des sogenannten Potsdam-Treffens, Ulrich Vosgerau und Gernot Mörig, sind mit ihren Klagen gegen «Correctiv» gescheitert.
Die beiden Teilnehmer des sogenannten Potsdam-Treffens, Ulrich Vosgerau und Gernot Mörig, sind mit ihren Klagen gegen «Correctiv» gescheitert. Foto: Marcus Brandt/dpa

Hamburg (dpa) – Im juristischen Streit um die Berichterstattung über das sogenannte Potsdamer Treffen hat das Landgericht Hamburg zwei Klagen gegen die Rechercheplattform «Correctiv» und fünf ihrer Mitarbeiter abgewiesen. Das verkündete die Vorsitzende der Pressekammer, Kristina Feustel. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Gegen den «Correctiv»-Bericht mit dem Titel «Geheimplan gegen Deutschland» hatte ein Teilnehmer des Treffens, der Jurist Ulrich Vosgerau, sowie dessen Initiator, Gernot Mörig, geklagt (Az.: 324 O 6/25 und 324 O 7/25).


An dem Treffen von Rechten und Rechtsextremen in einem Hotel bei Potsdam hatten im November 2023 auch Politiker von AfD und CDU teilgenommen. Nach dem «Correctiv»-Bericht im Januar 2024 hatten Hunderttausende Menschen in ganz Deutschland gegen Rassismus und Ausgrenzung demonstriert. 

Teilnehmer des Treffens wollten Aussagen verbieten lassen

Vosgerau und Mörig wollten «Correctiv» Kernaussagen des Berichts verbieten lassen. Unter anderem ging es um die Einordnung, dass es bei dem auf dem Treffen vorgestellten Konzept der «Remigration» um einen «Masterplan zur Ausweisung deutscher Staatsbürger» gegangen sei. Das Konzept war bei dem Treffen vom früheren Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, vorgestellt worden. 

Den Klägern stehe hinsichtlich keiner der angegriffenen Äußerungen aus dem «Correctiv»-Bericht ein Unterlassungsanspruch zu, teilte das Gericht mit. Leser des Artikels hätten erkennen können, bei welchen Passagen es sich um eine detaillierte Wiedergabe des bei dem Treffen Gesagten oder eine wertende Zusammenfassung oder Kommentierung des Geschehens gehandelt habe.

Deshalb würden Leser nicht zu dem Verständnis gelangen, «dass Sellner oder ein anderer Teilnehmer wörtlich von „Vertreibung“ oder einer „Ausweisung“ von deutschen Staatsbürgern gesprochen habe oder dass wörtlich gesagt worden sei, dass auch deutsche Staatsbürger aus Deutschland „verdrängt“ werden sollten».

Urteil: Unterscheidung zwischen Tatsachen und Meinung möglich

Vosgerau und Mörig hatten den Angaben zufolge geltend gemacht, dass die Grenze zwischen Tatsachenbehauptung und Meinung bei der Berichterstattung anderer Medien, die Bezug auf den «Correctiv»-Bericht genommen hatten, überschritten worden sei. Dies war auch durch mehrere Gerichtsentscheidungen infolge von Abmahnungen bestätigt worden. 

Der maßgebliche Unterschied bestehe im vorliegenden Fall darin, dass Leser des «Correctiv»-Berichts aufgrund der detaillierten Schilderung des Geschehens und der zahlreichen wörtlichen Zitate «zwischen der Wiedergabe des Gesprochenen und der bewertenden Umschreibung des Geschehens differenzieren könnten», so das Gericht. Dies sei in den Berichten der anderen Medien, die sich in erheblich knapperer Weise mit dem Gegenstand des Treffens befasst hätten, nicht möglich gewesen.

Gericht: Aussage zur Ausweisung deutscher Staatsbürger zulässig

Die Kammer habe betont, «dass ein erhebliches öffentliches Interesse daran bestehe, zu erfahren, was auf einem nicht-öffentlichen Treffen, an dem auch Politiker teilgenommen haben, in Bezug auf „nicht-assimilierte“ deutsche Staatsbürger diskutiert worden sei». Insoweit handele es sich um einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. 

Wenn Sellner bei dem Treffen – wie von «Correctiv» berichtet und von den Klägern nicht bestritten – auf die Frage einer Teilnehmerin zur Schwierigkeit einer Remigration von Menschen mit deutschem Pass gesagt habe, dass auf diese unter Anwendung von Gesetzen ein hoher Anpassungsdruck ausgeübt werden könne, sei dies in zulässiger Weise so zu beschreiben, dass es um eine Ausweisung deutscher Staatsbürger gegangen sei. Der Begriff der Ausweisung sei dabei als staatliche Maßnahme, «die auf die Beendigung des Aufenthalts einer Person in einem Land abzielt», zu verstehen, so das Gericht.

Unterschiedliche Reaktionen auf Urteil

Das Landgericht habe «nüchtern und souverän das geltende Presse- und Äußerungsrecht angewandt», sagte «Correctiv»-Anwalt Thorsten Feldmann nach der Verkündung. «Alle Versuche der Kläger, mit verdrehter PR Mediendruck von außen aufzubauen und die Gerichte für eine politische Kampagne zu instrumentalisieren, sind gescheitert.»

Die Kanzlei Höcker, die sowohl Vosgerau als auch Mörig vertritt, sah durch das Urteil hingegen die Auffassung ihrer Mandanten in der Sache bestätigt: «Das oft als „Recherche“ bezeichnete Correctiv-Drama enthält im Hinblick auf die Kernaussage „Masterplan zur Ausweisung von deutschen Staatsbürgern“ keine Tatsachen, sondern lediglich Insinuationen und Geraune».