Die Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit ist aktuell in der Diskussion.
Die Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit ist aktuell in der Diskussion. Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin (dpa/bb) – Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch hat ihre bisherige Zurückhaltung bei Stellungnahmen zur Diskussion um Mobbingvorwürfe an der Carl-Bolle-Grundschule in Berlin-Moabit verteidigt. Der Fall sei komplex, sagte die CDU-Politikerin bei der jüngsten Sitzung im Bildungsausschuss des Landesparlaments.

Sie habe sich in den vergangenen Wochen zunächst nicht zu dem Vorgang äußern wollen, um nicht Gefahr zu laufen, aus Unkenntnis des gesamten Sachverhalts Forderungen zu erheben oder falsche Tatsachen zu behaupten, sagte Günther-Wünsch.

«Was auf den ersten Blick manchmal sehr klar erscheinen mag, ist dann doch, wenn man alle Sachverhalte kennt, alle Informationen hat, häufig komplexer und vielschichtiger.»

Abgeordnete verlangen Aufklärung

In den vergangenen Tagen hatten Mitglieder des Abgeordnetenhauses mehr Aufklärung von Günther-Wünsch gefordert. «Inzwischen liegen mir eine umfassende und sich über mehrere Monate erstreckende Dokumentation vor», sagte sie. 

«Und aus dieser mir vorliegenden Aktenlage ergibt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den in der öffentlichen Berichterstattung dargestellten Vorwürfen zu den gegenüber der Schulleitung, der Schulaufsicht und der Bildungsverwaltung geäußerten Vorwürfen.» Es könne auch nicht von einem kollektiven Versagen oder einem Versagen des Systems gesprochen werden. 

An der Grundschule in Moabit soll ein Lehrer nach eigenen Angaben von Schülern aus muslimischen Familien monatelang beschimpft, beleidigt und gemobbt worden sein – weil er schwul ist. Er beklagt außerdem Mobbing und falsche Vorwürfe durch eine Kollegin.

Seit rund drei Monaten ist er krankgeschrieben. Er kritisierte Schulleitung, Schulaufsicht und Bildungsverwaltung und sprach in dem Zusammenhang von einem «kompletten Systemversagen».

Günther-Wünsch gegen weitere Beschwerdestelle

Die CDU-Politikerin wies auch die Forderung aus der Grünen-Fraktion nach einer unabhängigen Beschwerdestelle für Schülerinnen und Schüler, Eltern und Beschäftigte zurück. Nach ihrer Einschätzung ist ein Teil des Problems, dass es bereits viele mögliche Ansprechpartner gibt.

Man sollte viel eher darüber beraten, ob das geschaffene Dickicht nicht eher gelichtet und für Betroffene übersichtlicher gestaltet werden sollte, sagte die Bildungssenatorin.

Der betreffende Lehrer beziehungsweise dessen Rechtsbeistand hätten zu unterschiedlichen Zeitpunkten ganz unterschiedliche Rechtsgrundlagen bemüht, für die jeweils unterschiedliche Stellen zuständig seien. Diese hätten das Anliegen jeweils auch bearbeitet. «Und auch jeweils fristgerecht und in einem angemessenen Zeitfenster.»

Die Beschwerde der Lehrkraft mit Berufung auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sei von der für das pädagogische Personal an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen zuständigen Beschwerdestelle in der Bildungsverwaltung geprüft worden.

«Die zuständige Beschwerdestelle kam zu dem Schluss, dass weder eine Benachteiligung wegen des Geschlechts noch wegen der sexuellen Identität des Beschwerdeführers vorgelegen habe», sagte Günther-Wünsch.

Schulleiterin geht in einen anderen Bezirk

Dass die Schulleiterin die Grundschule verlassen werde, stehe nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Diskussion, sagte Günther-Wünsch. Sie habe sich bereits weit vor den Vorfällen aktiv an einen anderen Schulstandort in einem anderen Bezirk beworben.

Günther-Wünsch kündigte an, sich mit dem Thema weiterzubeschäftigen: «Ich werde in den kommenden Tagen mit der Gesamtelternvertretung noch in den Austausch gehen», sagte sie. «Ich habe die vergangenen Tage genutzt, mit dem Schulleitungsteam zu sprechen.» Es sei ihr ein Anliegen, auch mit den Eltern zu reden.