Mehrere Fälle von Diphtherie sorgen im Raum Berlin und Brandenburg für eine Debatte über Impfungen (Archivbild).
Mehrere Fälle von Diphtherie sorgen im Raum Berlin und Brandenburg für eine Debatte über Impfungen (Archivbild). Foto: Fabian Sommer/dpa

Potsdam (dpa/bb) – Der Leiter der Kinder-Notfallmedizin des Klinikums Westbrandenburg, Bernhard Kosak, weist angesichts eines schweren Diphtherie-Falles auf die Folgen einer fehlenden Impfung hin. «Viele denken, dass die Ärzte diese Krankheiten heutzutage schon behandeln können. Aber so ist es in vielen Fällen eben nicht», sagte Kosak der «Märkischen Allgemeinen» (Print/Samstag). «Das stimmt nicht für Meningokokken, nicht für Pneumokokken, nicht für Masern, Mumps, Röteln, nicht für Diphtherie und Tetanus. Die kann ich eben nicht oder nur bedingt behandeln – ein hohes Risiko für Folgeschäden bleibt.»

Ein zehnjähriger Junge aus dem Havelland in Brandenburg war mit Rachendiphtherie vor mehreren Tagen in die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Potsdam gekommen. Laut Medienberichten wird das Kind inzwischen in der Charité in Berlin behandelt. Der Junge, der in eine Waldorf-Schule in Berlin geht, war laut Brandenburger Gesundheitsministerium nicht geimpft. Wenig später wurde durch Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsamts im Havelland bei einem weiteren Menschen aus dem familiären Umkreis des Kindes Diphtherie festgestellt. Das Brandenburger Gesundheitsministerium ruft zum Impfen auf.

Mediziner äußert sich zur Frage der Impfpflicht 

Der Chef der Pädiatrischen Notfall- und Intensivmedizin am Klinikum Westbrandenburg hält eine Impfpflicht rechtlich nicht für machbar. «Jetzt gibt es bei Masern inzwischen eine Quasi-Impfpflicht, die regelt, dass Kinder nur Masern-geimpft eine Gemeinschaftseinrichtung besuchen dürfen», sagte Kosak. Masern seien extrem ansteckend. «Bei Tetanus und Diphtherie schütze ich eben nur mich. Ich kann in diesem Land niemanden zu seinem eigenen Glück zwingen. Das ging in der DDR, aber das war eine Diktatur.»

Stiko empfiehlt Diphtherie-Impfung

Einst war die Diphtherie als «Würgeengel der Kinder» bekannt. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) gab es in den vergangenen Jahren eine ein- oder zweistellige Zahl an Infizierten, nur 2022 und 2023 war die Zahl dreistellig, was auch an einem internationalen Ausbruch unter Geflüchteten lag. Eine Impfung gegen Diphtherie gehört zu den von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Standardimpfungen für Säuglinge und Kinder und wird auch als Auffrischungsimpfung für Erwachsene alle zehn Jahre empfohlen.