Tschernitz/Potsdam (dpa/bb) – Die Zukunft der Glasmanufaktur Brandenburg (GMB) am Standort in Tschernitz (Spree-Neiße) hängt auch an der Verabschiedung des Solarpaketes durch den Bund. Alles warte auf diese Entscheidung, hieß es vom Brandenburger Wirtschaftsministerium am Mittwoch auf Nachfrage. Hintergrund ist die noch ausstehende Verabschiedung des Gesetzes zum Ausbau der Sonnenenergie. Das Bundeskabinett hatte dieses bereits Mitte August beschlossen, seither ist der Bundestag am Zug. Die GMB gilt als der einzig verbliebene relevante Hersteller von Solarglas in der EU und ist Teil der Solarlieferkette. 320 Menschen sind dort beschäftigt.
Nachdem der Hersteller von Solarmodulen Meyer-Burger die Einstellung seiner Produktion im sächsischen Freiberg bekannt gegeben hat, droht auch der GMB das Aus. Das geht aus einem Brief der indischen GMB-Mehrheitseigentümerin Borosil an Spitzen der Ampelkoalition im Bund sowie an Union und Linke hervor.
Landesregierung unterstützt
Der Landesregierung sei sehr daran gelegen, den industriellen Traditionsstandort in Tschernitz zu erhalten und langfristig zu sichern, betonte das Wirtschaftsministerium. Zur Überbrückung unterstütze das Land mit Geld über die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Laut Ministerium hat GMB einen Förderantrag bei der ILB gestellt. Erste Mittel seien geflossen. Zur Höhe des Betrages äußerte sich das Wirtschaftsressort nicht.
«Die Stimmung ist nachdenklich. Wir fragen uns, ob die Bundesregierung die richtigen Signale setzt, die müssen jetzt rasch kommen» sagte Betriebsrat Lars Günther, der seit 1995 am Standort ist. Solch eine Krise habe das Unternehmen bisher nicht gehabt. Ihn mache vor dem Hintergrund der Energiewende die Abhängigkeit von den asiatischen Herstellern nachdenklich.
Die GMB fertigt nach eigenen Angaben 17 Millionen Quadratmeter Spezialglas jährlich. Ein Quadratmeter kostet 7 bis 7,50 Euro. Die Konkurrenz aus China produziert für rund acht Euro, kann aber für ungefähr vier Euro ausliefern, weil sie hoch subventioniert wird.
Wirtschaftsministerium: Bund muss endlich helfen
Damit Unternehmen wie die GMB konkurrenzfähig bleiben, sind für die Landesregierung Instrumente wie Resilienzboni und – ausschreibungen des Bundes entscheidend. Solarindustrie und die Bundesländer fordern deshalb seit längerem Maßnahmen von der Bundesregierung, die gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen für alle Marktakteure herstellen, Abhängigkeiten reduzieren und damit die Resilienz stärken und den PV-Ausbau langfristig sicherstellen.
Zuletzt wurde gemeinsam mit den anderen Bundesländern auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 6. März ein dahin gehender Beschluss gefasst. Im Bundesrat wurde in einer Entschließung gefordert, «sämtliche Teile des Solarpaketes I schnellstmöglich und spätestens mit Vorlage zur nächsten Sitzung des Bundesrates am 22. März 2024 zu beschließen».
Linken-Politiker: Es ist 5 nach 12
Für den Linken-Bundestagsabgeordneten Christian Görke kommt die immer noch ausstehende Entscheidung zum Solarpaket einer «Arbeitsverweigerung der Bundesregierung» gleich. Dadurch stehe die heimische Solarindustrie vor dem Aus und das, obwohl der Bundeswirtschaftsminister immer von Energiewende rede. Görke informierte sich am Mittwoch vor Ort mit Linksparteichefin Janine Wissler über das Unternehmen und die Lage. «Es ist 5 Minuten nach 12!», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Denn die Hersteller hier vor Ort wie die Glasmanufaktur und Tschernitz können mit den staatlich subventionierten chinesischen Modulen nicht mithalten.»