Der Landtag (l.) und dahinter die Nikolaikirche in Potsdam.
Der Landtag (l.) und dahinter die Nikolaikirche in Potsdam. Foto: Soeren Stache/dpa/ZB/Archivbild

Potsdam (dpa/bb) – Eine große Mehrheit des Brandenburger Landtags hat sich für den Schutz von Jüdinnen und Juden vor Antisemitismus und die Unterstützung der jüdischen Kultur ausgesprochen. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen sowie Linke und Freie Wähler unterstrichen am Donnerstag in einer Debatte die Bedeutung der geplanten Stelle eines oder einer Antisemitismusbeauftragten im Land.

«Wir wollen eine weltoffene und tolerante Gesellschaft sein», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Ludwig Scheetz. Die CDU-Abgeordnete Barbara Richstein sagte, der Grund für die Schaffung des Amtes sei nicht die Zahl antisemitischer Strafverfahren. «Es ist eine grundsätzliche Entscheidung, politischer Verantwortung gerecht zu werden und auch ein Zeichen für die Gesellschaft zu setzen.» Richstein ist auch Landtagsvizepräsidentin. Grünen-Fraktionschefin Petra Budke rief dazu auf, gegen Judenhass vorzugehen. «Wir alle sind gefordert, sensibel zu sein und antisemitischen Äußerungen im Alltag sofort Einhalt zu gebieten.»

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter, sieht noch großen Handlungsbedarf. «Unsere Arbeit gegen Antisemitismus ist erst dann beendet, wenn jüdisches Leben tatsächlich in diesem Land frei stattfinden kann», sagte er. Der Fraktionschef von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, sagte, es gehe darum, nicht wegzuschauen, den Mund aufzumachen und Dinge positiv zu verändern für eine starke, geschützte und prosperierende jüdische Kultur in Brandenburg.

Der oder die Antisemitismusbeauftragte soll Ansprechpartnerin oder Ansprechpartner für Jüdinnen und Juden sowie für Belange jüdischer Gruppen sein, auch bei mutmaßlich antisemitischen Vorfällen. Die Stelle, die beim Landtag angesiedelt ist, soll die Gesellschaft für Antisemitismus sensibilisieren, den Dialog unter den Religionen fördern und im Austausch mit den jüdischen Gemeinden in Brandenburg sein.

Der Hauptausschuss befasst sich mit dem gemeinsamen Antrag der fünf Fraktionen für den Antisemitismusbeauftragten weiter. Die AfD wandte sich dagegen. «Wir lehnen es ab, dass Sie auf dem Rücken der Menschen, die tatsächlich Antisemitismus erfahren haben, hier Politik machen wollen», sagte die Abgeordnete Lena Kotré.

Die Zahl antisemitischer Straftaten war im vergangenen Jahr um 30 Prozent im Vergleich zum Jahr zuvor gestiegen. Sie nahm nach Angaben des Innenministeriums von 150 im Jahr 2021 auf 195 im vergangenen Jahr zu. Darunter waren sechs Gewaltdelikte, doppelt so viele wie im Vorjahr. Bei den antisemitischen Straftaten handelt es sich laut Polizei vor allem um Äußerungen in den sozialen Medien.