Die Waldsiedlung Zehlendorf könnte doch noch Unesco-Welterbe werden. Bei den Anwohnern regt sich jedoch Widerstand.

Seit mehr als zehn Jahren wird über die Nachnominierung der Waldsiedlung Zehlendorf zum Unesco-Welterbe „Siedlungen der Berliner Moderne” diskutiert. Nun wollen Senat und das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf Nägel mit Köpfen machen. Bürger und Anwohnende der Siedlung sollten im Rahmen einer digitalen Bürgerwerkstatt ihre Meinungen und Anregungen zum Thema einbringen. Viele Mieter der Waldsiedlung aber haben gar nicht an dieser Versammlung teilgenommen. „Teils aus mangelnder digitaler Ausrüstung, teils aber auch im Glauben, dass das Thema inzwischen erledigt sei“, erklärt Barbara von Boroviczeny von der Initiative MieterInnen Südwest.

Von Idee der Siedlung sei nicht mehr viel übrig

Die übt vor allem Kritik an der aktuellen Vermieterin, der Deutsche Wohnen. Einst als Reihenhaussiedlung für Menschen mit niedrigem Einkommen entworfen, sei von der Idee des Bauhaus-Architekten Bruno Taut nicht mehr viel übrig. Das liegt laut der MieterInnen-Initiative vor allem daran, dass die Besitzerin, die ehemals städtische Wohnungsbaugesellschaft Gehag, 2007 von der Deutschen Wohnen übernommen wurde. Die bezeichnet die zwischen 1926 und 1931 nach den Plänen der Architekten Bruno Taut, Hugo Häring und Otto Rudolf Salvisberg erbaute Siedlung auf ihrer Webseite als „architektonisches Juwel“ – und hat nach der Übernahme einige Sanierungsvorhaben umgesetzt.

Eben jene Modernisierungswelle habe viele der ursprünglichen Mieter vertrieben, sagt Boroviczeny. Dadurch sei auch die Berechtigung für eine Aufnahme in die Unesco-Welterbeliste nicht gegeben. „Eine denkmalgerechte Fassadengestaltung und eine auch kritisch zu sehende denkmalgerechte Wiederherstellung des Außenbereichs reichen nach unserer Auffassung nicht mehr für eine Unesco-Auszeichnung. Denn die im Gesamtkonzept des Architekten Bruno Taut enthaltene wichtige soziale Komponente – bis vor etwa zwei Jahrzehnten noch gültig – ist dem Marktwert an der Börse geopfert worden“, heißt es in einem Schreiben der Initiative. Sie befürchtet eine weitere Aufwertung der Siedlung durch eine Zugehörigkeit zum Unesco-Welterbe, die zu höheren Mieten führen könnte. Das Bezirksamt hofft derweil, durch eine Nachnominierung einen touristischen Mehrwert für die Siedlung. Die Aufnahme der Waldsiedlung Zehlendorf als Erweiterung in die „Siedlungen der Berliner Moderne“ könnte noch vor 2024 erfolgen.  

Datum: 30. August 2021, Text: kr, Bild: IMAGO/Joko