Der Berliner Senat beschließt Lockerungen für Geimpfte. Der Lockdown wird bis zum 9. Mai verlängert.
So langsam nimmt die Corona-Impfkampagne in Deutschland Fahrt auf. Bundesweit hatten bis zum Wochenbeginn mehr als 13 Millionen Menschen eine Impfung erhalten, meldete das Robert-Koch-Institut (RKI). Davon haben rund fünf Millionen Menschen auch eine zweite Impfung bekommen.
Mit der Zahl der Impfungen wächst der Druck auf die Politik, sich mit der Frage zu beschäftigen: Sollten Geimpfte in Zeiten des Lockdowns mehr Freiheiten genießen? Sind diese Freiheiten nicht sogar zwingend notwendig, um Handel, Gastronomie und Kultur wieder auf die Beine zu helfen? Wie lässt sich die Beschneidung ihrer Grundrechte rechtfertigen, wenn von ihnen keine Infektionsgefahr ausgeht, wie Wissenschaftler immer wieder betonen?
Berlin als Vorreiter
Die Hauptstadt prescht bei dem Thema jetzt vor. Menschen, die gegen Corona geimpft sind, bekommen in Berlin etwas mehr Freiheiten. Sie werden künftig wie Menschen mit einem negativen Test behandelt. Betroffene dürfen demzufolge ohne vorherigen Corona-Test auch abseits des Lebensmittelhandels einkaufen gehen oder ein Museum besuchen. Das hat der rot-rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen. Die Regelung greift 15 Tage nach der Zweitimpfung und tritt am 18. April in Kraft. Der Lockdown wurde bis zum 9. Mai verlängert.
Zuletzt hatte Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) öffentlich für deutlich mehr Freiheiten für geimpfte Menschen plädiert. „Es geht nicht um Privilegien, sondern um die Freiheitsrechte jedes Einzelnen“, sagte sie in einem Interview. Im Senat setzten sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) ebenfalls dafür ein, wird berichtet.
Breite Unterstützung
Vor dem Beschluss hatten sich die Fraktionen von SPD, CDU, Linken und Grünen im Abgeordnetenhaus ebenfalls dafür ausgesprochen, Menschen, sich gegen Corona impfen lassen, zu „belohnen“. Der Rechtsexperte der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), sagte der „Welt am Sonntag“: „Wenn Studien bestätigen, dass Menschen nach einer Impfung nicht mehr infektiös sind, dann müssen die Beschränkungen zurückgenommen werden.“ Das sei aus seiner Sicht verfassungsrechtlich zwingend. Ob Beschränkungen unter bestimmten Bedingungen zurückgenommen werden sollten, müsse der Bundestag regeln.
„Wenn die Studienlage des RKI stimmt, müssten alle Geimpften die gleichen Rechte bekommen wie Nicht-Geimpfte mit negativem Test“, so Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, gegenüber der „Berliner Zeitung“. Isenberg warnte allerdings, bevor flächendeckende Öffnungen für Menschen mit Test oder Impfung in Betracht kämen, sei zunächst eine harte Vollbremsung nötig, um die dritte Welle einzudämmen.
Die AfD sieht Lockerungen nur für Geimpfte kritisch. „Das wäre eine Impfpflicht durch die Hintertür“, sagte Alice Weidel, Fraktionschefin im Bundestag.
Datum: 15. April 2021, Text: Nils Michaelis, Bild: imago images/Jochen Eckel