Rathaus Spandau
Rathaus Spandau: Hier tagt das Bezirksparlament

UPDATE Eine Finanzaffäre erschüttert die Spandauer SPD. Der Fraktionsvorsitzende Christian Haß nahm Geld aus der BVV-Fraktionskasse, ohne den Vorstand zu informieren. Der Ältestenrat des Bezirksparlaments fordert eine umfassende Aufklärung.

Im Jahr 2018 hat sich Spandaus SPD-Fraktionschef Christian Haß ein Darlehen aus der Fraktionskasse gewährt. Es habe sich um einen vierstelligen Betrag gehandelt, berichtet der „Tagesspiegel“. Haß entnahm das Geld, ohne den Fraktionsvorstand zu informieren. Später zahlte der seit 2011 amtierende Fraktionschef den Betrag zurück. Spandaus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank, zugleich stellvertretender SPD-Kreisvorsitzender, bestätigte den Vorgang.

Christian Haß, seit 2011 Vorsitzender der Spandauer SPD-Fraktion. Bild: SPD Spandau

Zum Beginn der vergangenen Woche war die Sache öffentlich geworden. Laut dem „Tagesspiegel“-Bericht soll Haß zum Zeitpunkt des Darlehens gesundheitliche Beschwerden gehabt haben und arbeitslos geworden sein. Aufgefallen war die Sache bei der Revision der Fraktionskasse.

Fraktionschef Haß soll Fehler eingestanden haben

Ende der vorvergangenen Woche erfuhr die Kreisspitze vom Vorgang. Kurz darauf entschied sich Haß zum Rücktritt als Fraktionschef zum Jahresende und informierte die SPD. Er soll den Fehler eingesehen haben und bleibe Mitglied der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung´(BVV), wird berichtet.

Die Spandauer CDU-Fraktion spricht von einem „ungeheuerlichen Vorgang“. „Ich erwarte, dass die SPD-Fraktion Spandau von sich aus alles unternimmt, um für lückenlose Aufklärung zu sorgen“, so der Fraktionsvorsitzende Arndt Meißner. Die CDU-Fraktion bereitet derweil einen Fragenkatalog vor, um mehr zur erfahren. Folgende Punkte seien zu klären: Warum wurde die Entnahme des Darlehens erst dieser Tage bekannt? Seit wann wusste die für die Revision  der Fraktionskasse verantwortliche BVV-Vorsteherin Gaby Schiller (SPD) von dem Vorgang? 

CDU-Fraktion wittert Fall von Untreue

Aus Sicht der CDU-Fraktion ist nicht nur die fehlende Absprache bei der Entnahme steuerfinanzierter Mittel ein Problem. „Die Zahlung war als Arbeitnehmerdarlehen deklariert“, so Fraktionsvize Thorsten Schatz. So ein Kredit sei üblich, wenn es sich beim Empfänger tatsächlich um einen Angestellten handelt. Dies sei bei einem gewählten und ehrenamtlich tätigen Fraktionsvorsitzenden nicht der Fall. „Es steht der Verdacht im Raum, dass es sich hier um einen Fall von Untreue handelt“, so Schatz.

Am 14. Dezember tagte der Ältestenrat in einer Sondersitzung. Gefordert wird eine transparente und vollständige Aufklärung der Bargeldentnahme. Seit dem 15. Dezember erfolgt eine Prüfung durch den BVV-Vorstand und das BVV-Büro, heißt es aus der Grünen-Fraktion.

Grüne: Haß muss sofort zurücktreten

„In Anbetracht des besonders verwerflichen Tatbestands der widerrechtlichen Aneignung von Fraktionsgeldern durch Christian Haß fordern wir zur Aufklärung der Affäre weitere Sondersitzungen des Ältestenrats und eine Sonder-BVV“, erklärt die Fraktionsvorsitzende Gollaleh Ahmadi. Co-Fraktionschef Oliver Gellert ergänzt:: „Wir beabsichtigen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln volle Transparenz und eine lückenlose Aufklärung der durch Christian Haß verursachten Bargeld-Affäre. Außerdem fordern wir seinen sofortigen Rücktritt  als Vorsitzender des Ausschusses von Haushalt, Personal, Rechnungsprüfung und Beauftragte.“

Datum: 16. Dezember 2020, Text: Nils Michaelis, Bild: imago images/Andreas Gora