Die Verwaltung bleibt weit hinter den gesetzlichen Vorgaben zurück.
Im Vergleich zu anderen Bezirken ist Charlottenburg-Wilmersdorf schlecht mit Spielplätzen versorgt. Derzeit verfügt der Bezirk über 117 öffentliche Spielflächen. Pro Einwohner stehen 0,47 Quadratmeter zur Verfügung. Geringer fällt dieser Wert nur in Marzahn-Hellersdorf (0,45) aus. Am besten schneiden Pankow (0,68) und Lichtenberg (0,71) ab. Der Berliner Durchschnittswert liegt bei 0,6. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten Maik Penn (CDU) durch die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hervor.
In Charlottenburg-Wilmersdorf und in ganz Berlin wird der Raum für Spielplätze zunehmend knapp. Immer mehr Menschen ziehen in die Hauptstadt. Das hat zur Folge, dass freie Flächen zunehmend für den Bau neuer Wohn- und Bürohäuser beansprucht und neue Spielplätze kaum noch errichtet werden. Berlin hat sich als einziges Bundesland per Gesetz dazu verpflichtet, mindestens einen Quadratmeter Spielfläche pro Kopf zur Verfügung zu stellen. Anfang der 90er-Jahre lag der Wert im Westteil der Stadt noch bei durchschnittlich 1,3 Quadratmetern. Im Jahr 2000 wurde der Bedarf zu 8o Prozent erreicht. Seitdem verschwanden etliche freie Flächen.
Letzte Zuflucht
„Vor allem in den verdichteten Innenstadtbezirken ist die Lage prekär“, so Claudia Neumann vom Deutschen Kinderhilfswerk im ZDF. „In Zeiten des zunehmenden Wohnungsneubaus müssen wir schauen, dass noch Platz für die Kinder bleibt.“ Spielplätze seien oftmals die letzten Refugien für Kinderspiele. Vielerorts läuft die Verwaltung der Entwicklung hinterher. „Die Sicherung und Qualifizierung der vorhandenen Spielflächen hat eine sehr hohe Priorität, da zusätzliche freie Flächen in verdichteten Bereichen praktisch nicht zur Verfügung stehen“, heißt es aus dem Bezirksamt.
Die Spielplatzversorgung wird obendrein dadurch beeinträchtigt, dass nicht jeder gelistete Spielort auch tatsächlich zur Verfügung steht. Zwar waren zum Zeitpunkt der Anfrage bis auf den Bolzplatz im Ruhwaldpark keine weiteren Spielplätze in Charlottenburg-Wilmersdorf ganz oder teilweise gesperrt. Demgegenüber waren in Tempelhof-Schöneberg zwölf von 159 Anlagen nicht zugänglich. Die Gründe sind Sanierungsarbeiten, Verschleiß und Vandalismus.
Luft nach oben
Sollte man Bauherren generell dazu verpflichten, neben Gebäuden auch Spielflächen zu errichten? Laut dem Bezirksamt Reinickendorf sind bei Häusern mit mehr als sechs Wohnungen ohnehin eine angemessene Spielfläche gesetzlich vorgeschrieben. Lichtenberg und andere Bezirke setzen zudem auf städtebauliche Verträge. Vom Bezirksamt Charlottenburg hab es zu diesem Punkt keine Rückmeldung. Penn sieht nicht nur bei Spielflächen, sondern auch bei Kita- und Schulplätzen sowie vielen anderen Bereichen der Infrastruktur Optimierungsbedarf. Um die entsprechenden Angebote besser mitwachsen zu lassen, müsse die gesamtstädtische Steuerung verbessert werden.
Mit Blick auf den bundesweiten Trend kritisiert das Deutsche Kinderhilfswerk, dass etliche private Eigentümer von Mehrfamilienhäusern ihrer Pflicht zur Schaffung von Spielgelegenheiten nicht mehr in dem Maße nachkommen, wie vom Gesetzgeber vorgesehen.
Datum: 15. August 2019. Text: Nils Michaelis. Bild: Getty Images Plus/iStock/naumoid