Der Online-Händler mietet Büros auf der Freifläche in Kreuzberg – Aus für Wohnungen?
Der Online-Modehändler Zalando will für seinen geplanten neuen Firmencampus in Berlin einen riesigen Bürokomplex anmieten. „Die ersten Teams werden dort voraussichtlich Ende 2019 einziehen“, kündigte eine Unternehmenssprecherin an. Zalando sei jedoch nicht Bauherr. Die 34.000 Quadratmeter an der Cuvrystraße nahe der Oberbaumbrücke sollen mehr Platz für Mitarbeiter schaffen, die bisher über das Stadtgebiet verstreut sind.
Wege zu lang
Einen größeren „Zalando-Campus“ aufzubauen, hatten die Berliner bereits in Aussicht gestellt. „Die Wege sind oft lang“, hieß es mit Blick auf bestehende Büros. Ein Investitionsvolumen nannte Zalando nicht. Der Hauptsitz liegt auf der nördlichen Spree-Seite in der Nähe des Ostbahnhofs. Auf dem Areal am südlichen Ufer waren zuvor eigentlich die „Cuvryhöfe“ geplant, zu denen auch Wohnungen mit Mietpreisbindung gehören sollten – in der Hauptstadt wird bezahlbarer Wohnraum in vielen Bezirken knapper. Über die genaue Grundstücksnutzung soll es aber kein Einvernehmen zwischen dem Land und einer Investorengruppe gegeben haben. Zalando betonte, man werde zwar einziger Mieter der Büros in der Cuvrystraße. „Aber daneben wird es auch noch andere Bereiche geben.“ Die neuen Pläne werfen das Thema Gentrifizierung neu auf. Unter den Anwohnern rund um die Cuvry-Brache zwischen Spree, Schlesischer Straße und Cuvrystraße machen sich bezüglich des Zalando-Plans Proteste breit.
Alex F. (39) bezeichnet die Idee als „die schlechteste Lösung für die Cuvry-Brache“. Vorgestellt habe er sich dort bezahlbare Wohnungen, Kitas, Grünflächen. „Dieses Unternehmen passt nicht hierher“, schimpft er. Das Bezirksamt scheint ebenfalls unglücklich über die Entwicklung. Der erst im Dezember 2016 neu gewählte Baustadtrat Florian Schmidt, der sich öffentlich immer strikt gegen Gentrifizierung stellt, hat über den Nachrichtendienst Twitter eine kurze Beurteilung über Zalando und die Cuvry-Brache abgegeben: „Disneyfizierung und höhere Mieten stehen ins Haus: Online-Händler Zalando zieht auf die Cuvry-Brache – Berlin“, schreibt er. Dass es für die brache keine politische Lösung gegeben habe, kommentierte er zuvor mit den Worten: „Cuvry-Brache: Vom Symbol Kreuzberger Freiheit zum globalen Shopping-Headquarter.“ Laut Medienberichten will Schmidt in den kommenden Wochen gemeinsame Gespräche mit Anwohnern, neuen Mietern und Gewerbetreibenden vor Ort führen.
Shopping-Boom
Zalando erwartet im laufenden Jahr einen anhaltenden Shopping-Boom im Internet und will neue Jobs schaffen. Anfang März prognostizierte Zalando ein Umsatzplus um 20 bis 25 Prozent für 2017. Der MDax-Konzern plant rund 2000 zusätzliche Stellen. Der Anteil des Ergebnisses an den Erlösen soll aber bestenfalls stabil bleiben: Hier peilt Zalando 5 bis 6 Prozent an – 2016 wurden 5,9 Prozent erzielt.
dpa/bb/red, Bild: Stefan Bartylla, Bild: Jens Kalaene