Eklat: Schon 2013 gab es vergleichbaren Fall in Marzahn-Hellersdorf.

Geschichte wiederholt sich: Die Leiterin des Treptow-Köpenicker Kulturamts ließ Anfang April zwei Aktbilder aus einer Ausstellung im Rathaus Köpenick entfernen. Ein Sturm der Entrüstung brach los und Kritiker beklagten einen Kotau vor muslimischen Zuwanderern.

Hohe Aktualität

Noch vor einigen Monaten wäre der Vorfall allenfalls als Posse durchgegangen. Doch in Zeiten, in denen immer aufgeregter über die Integration von Zuwanderern und die Freiheit der Kunst debattiert wird, brach in rasanter Geschwindigkeit ein Sturm der Entrüstung über das Bezirksamt hernieder. „Es kommen viele Menschen mit Migrationshintergrund in das Rathaus, deren religiöse Gefühle durch Aktfotos nicht verletzt werden sollen“, hieß in Köpenick das Hauptargument, mit dem man den Color Club Berlin bewegen wollte, zwei in der Ausstellung gezeigte Aktfotos abzunehmen. Aus Protest holte der Color Club Berlin sämtliche ausgestellten Bilder zurück. Nicht nur Wolfgang Hiob, dessen Motiv einer liegenden Nackten gezeigt worden war, sprach damals von „Zensur“ und „vorauseilendem Gehorsam“ gegenüber konservativen Muslimen.

Juliane Witt (Linke), Kulturstadträtin aus Marzahn-Hellersdorf, kennt solch eine Episode nur allzu gut aus eigener Erfahrung. Ende 2013 wurden sechs Aktbilder der Malerin Susanne Schöffel in der VHS Marzahn-Hellersdorf wieder abgehängt, weil man sich Sorgen darum machte, muslimische Mitbürger, die in der VHS Kurse besuchen sollten, könnten daran Anstoß nehmen. Stadträtin Witt sorgte damals dafür, dass die Aquarell-Gemälde schnellst möglich wieder ausgestellt wurden. „Da gab es überhaupt kein Vertun. Natürlich ist es die Aufgabe einer verantwortungsvollen kulturpolitischen Leitung, zum nächst möglichen Zeitpunkt die Präsentation solcher Bilder zu ermöglichen. Selbst provozierende Kunst muss in Deutschland ihren Platz haben. Eine Diskussion über diese Kunstform ist völlig überflüssig und unglücklich. Sie befördert Ressentiments, die so keiner der Beteiligten gebrauchen kann“, bestätigte Witt ihre Entscheidung aus dem Jahr 2013. Erstaunlich sei damals auch die blitzschnelle und starke Verbreitung des Vorfalls über alle möglichen Social-Media Kanäle gewesen. „Mich erreichten Mails aus ganz Deutschland und teilweise auch aus dem Ausland zu diesem Vorfall“, so Witt.

Unglücklicher Passus

Laut Treptow-Köpenicker Bildungsstadtrat Michael Vogel (CDU), über dessen Tisch die Entscheidung gegangen war, wäre die ganze Aufregung in seinem Fall ganz einfach zu verhindern gewesen. „Ich könnte mich darüber schwarz ärgern, dass der Passus über Muslime nicht gestrichen wurde“, sagte er zu dem Vorfall. „Natürlich kann man muslimischen Zuwanderern solche Bilder zumuten, eben wegen der Integration.“ Eine Meinung, die er mit der Marzahn-Hellersdorfer Kollegin teilt. „Eine Wertediskussion ist wichtig – aber zu so einem Thema gibt es einfach keine zwei Meinungen“, so resümiert die Kulturstadträtin aus dem Nachbarbezirk ihre Erfahrungen.

Titelbild: Das Akt-Bild mit dieser Dame war Stein des Anstoßes für den Eklat beim Köpenicker Kulturamt

Stefan Bartylla / Bild: Wolfgang Hiob