Silent Green Quartier lockt auch 2018 mit besonderem Programm.

Wirklich ruhig ist es derzeit nicht auf dem Silent Green Areal. Hier, wo früher die ersten Feuerbestattungen Berlins stattfanden, locken heute fast täglich Lesungen, Veranstaltungen und mit dem Restaurant Mars eine der kulinarischen Adressen im Kiez. Wo Trauerfeiern stattfanden, lauschen Besucher nun Konzerten, auf gemütlichen Sitzsäcken oder vor der Bühne stehend. Aktuell graben sich außerdem Bagger den Weg unterhalb des Areals frei.

„Aus der in den Jahren 1993 bis 1996 erbauten unterirdischen Leichenhalle soll in den kommenden Wochen und Monaten ebenfalls ein Kulturraum werden, in dem Konzerte und Filme auf dem Programm stehen“, erzählt Jutta Zitzewitz von der silent green Kulturveranstaltungen GmbH, die mit ihren Kollegen regelmäßig Besuchergruppen über das Gelände führt. 2013 begannen die Umbauten zum Weddinger Kulturquartier, nachdem das Krematorium nach seiner Schließung in 2002 leer stand.

Neue Zeiten

Zuvor galt es als eines der größten und leistungsfähigsten Krematorien Europas. Geplant war sein Bau bereits im Jahr 1874. Damals sprachen sich die ersten Freidenker für die von der Kirche kritisch beäugten Feuerbestattungen aus. Doch sollte es noch einmal 40 Jahre dauern, bis die ersten Urnen auf dem angeschlossenen Friedhof aufgestellt wurden.

Am Totensonntag im November 1912 wurde das erste Krematorium Berlins in Gegenwart des Berliner Oberbürgermeisters Adolf Wermuth feierlich eingeweiht und ging anschließend in städtischen Besitz über. Auch, wenn Feuerbestattungen in den darauffolgenden Jahren immer beliebter wurden, regte sich auch Widerstand gegen das Krematorium. So beschwerten sich Anwohner auch lange nach Anbringung eines 50 Meter hohen Schornsteins über Rauch und Ruß. Dabei war ein Rauch-Austritt spätestens nach der Modernisierung in den 20er-Jahren gar nicht mehr möglich.

In dieser Zeit entwickelte sich das Weddinger Krematorium mit seinen drei Einäscherungsöfen und dem Tag- und Nachbetrieb auch zur leistungsfähigsten Feuerbestattungsanlage Europas. Neben den Öfen verfügte das Krematorium über eine große Trauerhalle, noch heute das Herzstück des Areals, über mehrere Verwaltungsräume, einen Innenhof und den angrenzenden Urnenfriedhof. Nach starken Beschädigungen während des Zweiten Weltkriegs wurde hier bereits Ende 1945 wieder der Betrieb aufgenommen. 1999, nach der Wiederöffnung des Krematoriums am Baumschulenweg in Treptow beschloss der Berliner Senat dann den Weddinger Standort zu schließen.

Kreativer Platz

Seit 2015 bestimmen nun also Kreative den Rhythmus auf dem Areal. In 13 Mieteinheiten führt der Kulturcampus auf 6.000 Quadratmeter rund 100 kreativ und kreativwirtschaftlich Tätige zusammen. Darunter sind mit Institutionen wie dem Musicboard Berlin, dem Label K7!, dem Kunstraum SAVVY Contemporary, dem Harun Farocki Institut sowie dem öffentlich zugänglichen Filmarchiv des Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. wesentliche Berliner Akteure mit den Schwerpunkten Musik, Bewegtbild und Bildende Kunst versammelt. Die wahrlich einmaligen Veranstaltungsflächen unweit des S-Bahnhofs Wedding stehen aber auch für Projekte Dritter und andere besondere Veranstaltungen zur Verfügung.

Auf der Homepage des Areals heißt es: „Ziel ist, in Berlin-Wedding eine nachhaltige kreative Infrastruktur aufzubauen, die fest in der Nachbarschaft verankert und zugleich kultureller Anziehungspunkt über den Bezirk hinaus ist.“ Wer an einem der Veranstaltungsabende das Gelände besucht, hat das Gefühl, dass das bestens funktioniert.

Text: Katja Reichgardt, Bilder: Katja Reichgardt