Stadtentwicklung: Ideen und Initiativen brauchen eine gemeinsam Anlaufstelle für die Ertüchtigung des 200.000-Quadratmeter-Areals.

Zu DDR-Zeiten war das Stasi-Areal nördlich der Frankfurter Allee  bestens abgeschirmt von jeglicher Öffentlichkeit. Siebeneinhalb Hektar groß ist das  Gelände, von dem aus  Stasi-Minister Erich Mielke  und seine tausendköpfige Belegschaft Bespitzelungen, Auslandsspionage und Geheimdienstarbeit organisierten. Heute ist das Viertel noch immer eine eigene, dafür aber  weitgehend leer stehende  Stadt in der Stadt.

Historische Pflicht

Schmuck- und trostlos wirken heute die meisten der 28 Gebäude in ihren riesigen Dimensionen. Derzeit werden die Flächen nur zur Hälfte genutzt. An der Ecke Ruschestraße in den 13-stöckigen Plattenbauten sind seit Ende 2015 rund 1.500 Flüchtlinge untergebracht. Büros, Banken und Gewerbe gibt es am Eingangsbereich an der Ruschestraße, Mielkes Diensthaus im Zentrum des  riesigen Geländes wird als  Stasi-Museum genutzt, und in einem weiteren Haus wird demnächst die Robert-Havemann-Stiftung mit ihrem Archiv einziehen.  Senat, Bezirk, Initiativen  und ein privater Eigentümer haben nun Ideen, um die Zukunft der Häuser mit den 200.000 Quadratmeter großen Nutzflächen zu entwickeln.

Abriss notwendig

Rein gestalterisch könnte der Abriss einzelner Gebäude eine notwendige Öffnung des Gesamtareals ermöglichen. Der prominente Stadtplaner und Architekt Dieter Hoffmann-Axthelm argumentiert da besonders für den Abriss des großen Randblocks an der Frankfurter Allee/Ecke Ruschestraße. Zu massiv  wirke der Zugang von der Frankfurter Allee aus. Diesem Abriss-Vorschlag würde auch der Privateigentümer dieser Häuser zustimmen. Der hatte im Jahr 2011 für einen symbolischen Preis und die Verpflichtung zur Übernahme aller laufenden Nebenkosten die Häuser erworben.  Seitdem standen – abgesehen von kurzfristigen   Nutzungen – die gesamten Flächen leer. Ende 2015  übernahm das LaGeSo große Teile dieser Flächen, um sie als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen. Diese Überlassung der Häuser stellte sich wohl als Glücksfall für den Eigentümer heraus „Die Übergabe erfolgte damals im beidseitigen Einvernehmen“, so Monika Hebbinghaus, Pressesprecherin beim Senator für Gesundheit und Soziales. Als Gegenleistung gab es schließlich Miete vom Senat auf Tagessatzbasis für die durchschnittlich weit über 1.000 Bewohner. „Wir denken, dass wir gegen Ende des Jahres die Flüchtlingsunterkunft hier schließen werden“, sagt Hebbinghaus nun. In kurzfristiger Perspektive müssen  also auch neue Konzepte auf den Tisch.

Neue Wohnungen

Ziel des Eigentümers, vertreten durch die Aris Immobiliengesellschaft, sei es nun, neue Stadtwohnungen im großen Stil hier zu bauen, erklärt Aris-Geschäftsführer Sven Kubal. Allein der Bezirk gebe noch die Auflage vor, zu 40 Prozent Gewerbe in die Wohnnutzung integrieren zu müssen. Details, die auch das historische und kulturelle Konzept, das sich hier Politiker und Initiativen wünschen, insgesamt nicht beeinträchtigen dürften. Nach den Vorstellungen der Lichtenberger CDU  könnte hier ein  Lernort zum Thema Demokratie entstehen. „Es ist wichtig, dass hier auch jüngere Menschen noch die  Erfahrungen der Wende an so einem historisch wichtigen Ort nachvollziehen können“, sagt Benjamin  Hudler, Mitglied der  CDU-Faktion in der Bezirksverordnetenversammlung. Ihm zur Seite stehen seine Parteigenossen, der Abgeordnete des Abgeordentenhauses Danny Freymark und der Bundestagsabgeordnete Martin Pätzold. „Einige Häuser könnten hervorragend für Seminarveranstaltungen, Vorträge und Ausstellungen genutzt werden.

In der Summe muß  das nicht den  Plänen  unseres Konzeptes eines  „Campus der Demokratie“ widersprechen. Das Gelände ist so groß, dass  auch Flächen für den Wohnungsbau oder für das Museum weiterhin genutzt werden könnten“, sagt  Freymark. Bei allen Ideen und Vorschlägen sind sich die Beteiligten in einer Ansicht einig: Es braucht eine Anlaufstation, um  alle Aspekte unter einen Hut zu bekommen. Für August ist dazu eine Konferenz geplant, die auch die Installation eines  zentralen Projektentwicklers sich zur Aufgabe stellt.

Stefan Bartylla, Bild: Ralph Peters