Geflüchtete: Notunterkunft der Berliner Stadtmission hat im Juli ausgedient.
Die Traglufthalle für Flüchtlinge der Berliner Stadtmission in der Kruppstraße in Moabit schließt am 24. Juli. Da viele Familien bis zu zwei Jahre dort lebten und ihre Kinder auch zur Schule gehen, wurde der Schließtermin auf das Ende des Schuljahres gelegt. Im November 2014 wurde die Traglufthalle binnen zweier Wochen aufgebaut und komplett eingerichtet. Damals wurde mit einem Aufenthalt der ankommenden Flüchtlinge von wenigen Tagen gerechnet. Als Pilotprojekt hat die Berliner Stadtmission in der Halle Bereiche für gemeinsame Aktionen sowie ein System für möglichst private Rückzugsorte entwickelt. Mit Holzwänden, an drei Seiten komplett geschlossen, wurden jeweils Sechs-Bett-Zimmer gebaut, die mit einem Vorhang wenigstens für etwas Privatsphäre sorgten. Nach diesem Muster wurden in der Folge bundesweit Traglufthallen aufgebaut und ausgestattet.
Erstes Zuhause
Weil eine hohe Zahl von Flüchtlingen in Deutschland Zuflucht fanden, verlängerte sich die Aufenthaltsdauer der Menschen in der Traglufthalle zum Teil erheblich. Am Ende haben hier Menschen aus 33 Nationen – von Albanien bis Vietnam – ein erstes Zuhause gefunden. Die allerersten Bewohner kamen aus dem Süd-Sudan. Es war eine Frau mit ihrem in der Charité geborenen Baby. Während ihres Aufenthaltes im Krankenhaus waren ihre älteren Kinder in eine Pflegefamilie verbracht worden. Nach der ersten Unsicherheit über den Verbleib ihrer Kinder und geschwächt durch die Flucht und Geburt konnte ein erstes Happy End in der Notunterkunft „gefeiert“ werden.
Deutsche Sprache
Um die 23.000 Menschen haben in der Traglufthalle gelebt. Der älteste Bewohner war 83 Jahre alt, die größte Familie hatte acht Mitglieder. In der Zeit sind 20 Babys geboren worden. Für viele Kinder war die deutsche Sprache, die erste, die sie gehört und gelernt haben. Mit vielen haupt-und ehrenamtliche Mitarbeitern, die sich intensiv den Menschen gewidmet haben, konnte für die oft traumatisierten Flüchtlinge eine Atmosphäre des Willkommens und Angenommenseins mit viel menschlicher Zuwendung geschaffen werden. Kinderprogramm, Sport, eigene Heimat-Gerichte kochen, kulturelle Höhepunkte wie ein Konzert der Deutschen Oper oder der Besuch von Hollywood-Star Susan Sarandon brachten Abwechslung, Aufmerksamkeit und meist große Freude für Gäste wie Mitarbeitende. Hunderte ehrenamtliche Mitarbeiter, teils aus der unmittelbaren Nachbarschaft, aber auch aus dem Ausland, brachten unzählige Talente und Ideen ein und viel Zeit mit.
Große Dankbarkeit
„Als Christen sehen wir uns in der Pflicht, mit anzupacken und Verantwortung zu tragen“, erkklärte Stadtmissionsdirektor Joachim Lenz. Aus einem halben Jahr seien fast drei Jahre, aus drei bis fünf Aufenthaltstagen viele Monate geworden. „Aus unserer Sicht“, so Lenz „ist diese Unterbringung für diese lange Verweildauer nicht geeignet. Jetzt gehen wir neue Wege und begleiten Geflüchtete auf ihrem weiteren Weg, in Berlin Fuß zu fassen und für sich selbst zu sorgen. Für jeden Einzelnen hat sich der Einsatz gelohnt und wir sind dankbar für jede Begegnung. Bis hierher haben wir es geschafft.“
Manfred Wolf/Red., Bild: Ortrud Wohlwend