Umzug: Flüchtlingsunterkunft in der Nonnendammallee freigeräumt.

Die Flüchtlingsunterkunft in der Nonnendammallee 143 ist vor wenigen Tagen freigeräumt worden. Insgesamt 598 Männer hatten hier acht Monate auf engstem Raum gelebt, bei insgesamt 250 Betten reichte die Privatsphäre gerade mal bis zum nächsten Bettgestell. Die Bewohner sind jetzt in die Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne umgezogen.

Respekt und Rücksicht

„Das war gelebte Integration in der Halle“ sagt Birgit Guerrazzi, Leiterin der Unterkunft. „Dieses enge Zusammenleben funktionierte nur mit Respekt und größtmöglicher Rücksichtnahme.“ Die Männer stammen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen, vom Studenten bis zum Analphabeten war alles vertreten. Dennoch hat das Zusammenleben gut funktioniert. Dafür hat das Team des gemeinnützigen Bildungswerks WORKS gesorgt. „Ohne klare Regeln und die Unterstützung im alltäglichen Leben ist das natürlich nicht zu gewährleisten“, sagt Guerrazzi. „Aber die Männer nahmen aufeinander große Rücksicht und waren dankbar, hier in Sicherheit sein zu dürfen.“ So wurde auch der Fastenmonat Ramadan gut gemeistert. Dabei war der Essens- und Aufenthaltsbereich in der Halle direkt neben den Betten. Während die Muslime also nach Sonnenuntergang ihr Essen einnahmen, schliefen die anderen ein paar Meter weiter – und umgekehrt.

Ungewissheit bleibt

Die Menschen sind der Leiterin ans Herz gewachsen, viele Gespräche hat sie geführt, nicht selten über traumatische Fluchterlebnisse. Für die Flüchtlinge geht die Ungewissheit weiter. Wie geht es meiner Familie? Wie meinen Freunden? Werde ich in Deutschland eine neue Heimat finden? Um zumindest hierfür eine gute Voraussetzung zu schaffen, hat die ehemalige Deutschlehrerin Guerrazzi einen Deutschkurs gegeben, eine Schule spendete dafür eine Tafel. Mit einer Kompetenzanalyse wurden die Fähigkeiten jedes Einzelnen erfasst. Bäcker, Schreiner, Polsterer, IT-Fachleute, Krankenpfleger und ein Friseur lebten in der Halle – einigen Männern konnten Praktikumsplätze vermittelt werden. „Aus den Bewohnern, unserem Team und den Mitarbeitern der Security ist eine Art große Familie geworden“, sagt Guerrazzi. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass zum Abschied auch ein paar Tränen flossen.

Anke Walter, Bild: BA Spandau (Haverland-Hirsch)