Kultur: Eigentümer der Spielstätte stören sich am Lärm.
Das Theater o.N., eine der ältesten freien Theatergruppen Berlins, droht nach
20 Jahren seine Spielstätte zu verlieren, da der Mietvertrag nicht über Juli 2017 hinaus verlängert wird. Dies wurde in einer Sitzung der Eigentümer-GbR vor wenigen Tagen beschlossen.
Verhandlungen gescheitert
Eine Verlängerung des Mietverhältnisses ab August 2017 wurde zunächst nur mit einer Mieterhöhung sowie der Auflage in Aussicht gestellt, Schallschutzmaßnahmen umzusetzen. Die Theatergruppe ermittelte daraufhin mit einem Akustiker und einem Ingenieursbüro einen Maßnahmenplan, der den Eigentümern jedoch nicht genügt. Einen Antrag der Künstler mehr Zeit einzuräumen, um mit einem Zweitgutachter einen neuen Vorschlag für Maßnahmen zum Schallschutz zu erarbeiten, haben die Eigentümer abgelehnt. „Ich glaube, es geht den Eigentümern vor allem um Lärmschutzgarantien, die Akustiker aber kaum geben“, sagt Theater-Leiterin Dagmar Domrös. Sie bedauert, dass man „quasi auf den letzten Metern“ der Vertragsverhandlungen ins Straucheln kam. Denn zuvor habe es viel versprechende Gespräche mit der Senatsverwaltung gegeben, um sowohl die Frage der Mieterhöhung als auch des Lärmschutzes zu lösen. In den 90er-Jahren kauften die jetzigen Eigentümer das Gebäude und erhielten vom Land Berlin Subventionen für die Sanierung. Diese waren geknüpft an die Auflage in einer der Gewerbeflächen, Raum für ein soziales oder kulturelles Projekt zu günstiger Miete zu schaffen. Die Eigentümer boten der damals noch in der Knaackstraße beheimateten, dort aber vom Rausschmiss bedrohten Gruppe Theater o.N./Zinnober Gewerberäume im Souterrain und Erdgeschoss des Gebäudes zum Ausbau an. Es entstand ein kleines Theater mit Platz für 50 Zuschauer. 1996 bezog das Theater die neuen Räume und bietet seitdem Inszenierungen für Erwachsene und Kinder an – mit etwa 200 Vorstellungen im Jahr. Theater o.N. heißt dabei nicht etwa „ohne Namen“, wie vielfach vermutet, sondern will das Gegenteil von Off-Theater ausdrücken – also „on“.
Das Theater o.N. ist ein Verbund von Künstlern, der seit fast 40 Jahren besteht. 1979/80 als Theater Zinnober gegründet, war es das erste freie Theater der ehemaligen DDR. Das Kollektiv entwickelte basisdemokratisch organisiert Theater für Kinder und Erwachsene. Intellektuelle wie Heiner Müller, Christa Wolf und Ruth Berghaus kamen zum Kollwitzplatz, um für die Idee eines freien Theaters einzustehen. Die Wende tangierte auch die Existenz des Theaters: Aufgrund steigender Mietpreise musste es in eine neue Spielstätte einziehen, nannte sich um in Theater o.N. und ist seit 1996 an der Kollwitzstraße beheimatet. Generationen von Berliner Kindern machten dort ihre ersten Theatererfahrungen.
Notfalls Umzug
In diesem Jahr aber laufen die Auflagen für die Nutzung der Gewerberäume aus. Das Theater o.N. ist auf eine Spielstätte angewiesen. Notfalls müsse ein anderer Raum her, sagt die Theaterleiterin. Doch vorerst konzentriert sich ihr Team auf den Erhalt der Spielstätte und hofft noch auf eine Neuauflage des Mietverhältnisses. Kiezaktionen und Solidarisierungssaufrufe sollen auf die Situation des Theaters aufmerksam machen. Aktuelle Informationen sollen laufend im Internet einsehbar sein.
red/mh, Bild: Archiv/ David Beecroft