ILLUSTRATION - Viele Bankkunden haben Anspruch auf Rückzahlung von zu viel gezahlten Gebühren. Foto: Boris Roessler/dpa/dpa-mag - Honorarfrei nur für Bezieher des Dienstes dpa-Magazin +++ dpa-Magazin ++
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Es war lange geübte Praxis: Immer wenn eine Bank oder Sparkasse die Gebühren anheben wollte, wurden Kundinnen und Kunden informiert – meist verbunden mit Formulierungen wie: „Wenn Sie sich bis zum xx.xx nicht melden, werten wir das als Zustimmung.“ Doch damit ist inzwischen Schluss.

Der Grund: Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf dieses Vorgehen im April 2021. Nach Ansicht der Richter sind Änderungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) einer Bank unwirksam, wenn sie nur aufgrund einer stillschweigenden Zustimmung wirksam werden (Az.: XI ZR 26/20). Betroffene haben damit einen Anspruch auf Erstattung der zu Unrecht erhobenen Bankgebühren.

Banken zahlen Gebühren nicht von sich aus zurück

Der Haken: „Von alleine zahlen die Geldinstitute oft nicht“, sagt Rechtsanwältin Daniela Bergdolt. Das ärgert viele Kundinnen und Kunden – und das wiederum merkt inzwischen auch die Finanzaufsicht Bafin. Insgesamt gingen bei der Bafin im vergangenen Jahr 12 383 Verbraucherbeschwerden ein. Rund 1980 davon standen im Zusammenhang mit dem Gebührenurteil des BGH.

Für Daniela Bergdolt ist klar: Kundinnen und Kunden sollten es den Geldinstituten nicht zu einfach machen. „Sie müssen die Banken aktiv in die Pflicht nehmen“, sagt die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Heißt: Betroffene müssen sich schriftlich an ihre Bank oder Sparkasse wenden und das Geld einfordern.

Doch ganz so einfach, wie sich das anhört, ist es nicht. Denn Betroffene müssten ihre Forderung im Prinzip auch beziffern können. Ausgangspunkt ist dabei das Preisverzeichnis, das bei Kontoeröffnung galt. Alle später unrechtmäßig gezahlten Gebührenerhöhungen kann man zurückfordern.

Höhe der Forderung selber ausrechnen

„Bei monatlichen Pauschalgebühren kann jeder leicht selber ausrechnen, wie viel er zurückfordern kann“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wer aber inzwischen auch für einzelne Buchungen zahlt, hat es unter Umständen schwerer.“

Doch Verbraucherinnen und Verbraucher könnten den Ball grundsätzlich auch an ihre Bank oder Sparkasse zurückspielen, sagt Daniela Bergdolt: „Verlangen Sie in ihrem Schreiben eine Abrechnung“, rät die Rechtsanwältin. „Dafür haben die Geldinstitute in der Regel die technischen Möglichkeiten.“

Auch die Stiftung Warentest rät, eine Aufstellung der gezahlten Gebühren und Herausgabe der Daten zu fordern. Dazu seien Banken und Sparkassen von Gesetzes wegen verpflichtet.

Nicht von Kündigung einschüchtern lassen

Wer versucht, seine Rückzahlungsansprüche durchzusetzen, erlebt nicht selten, dass das Geldinstitut mit einer Kündigung des Girokontos droht. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg „ein dreister“ und „rechtswidriger Versuch“, Kundinnen und Kunden davon abzuhalten, ihre Rechte durchzusetzen. „Lassen Sie sich nicht einschüchtern“, rät Niels Nauhauser. „Rechnen Sie aber auch damit, dass ihnen tatsächlich gekündigt wird.“

Das Landgericht Stuttgart stellte sich in dieser Frage sogar auf die Seite der Geldinstitute (Az.: 34 O 98/21 KfH). Die Stuttgarter Verbraucherschützer wollten juristisch klären lassen, ob die Kontokündigung rechtens ist, nur weil ein Kunde auf die Erstattung rechtswidriger Entgelte beharrt.

Das Gericht konnte hier keinen Wettbewerbsverstoß feststellen. „Aber wir bleiben dran, werden in Berufung gehen und sind zuversichtlich, dass die Entscheidung vom Oberlandesgericht aufgehoben wird“, sagt Niels Nauhauser.

Schlichtungsstellen könnten helfen

Stellt sich das Geldinstitut quer, müssen Betroffene nicht gleich aufgeben: „Sie können sich an die zuständige Schlichtungsstelle wenden“, rät Daniela Bergdolt. Sowohl die privaten Banken, die Volksbanken und auch die Sparkassen haben Schlichtungsstellen, an die sich Verbraucher in Streitfragen wenden können. Das Verfahren ist kostenlos.

Beeilen müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher auch nicht, um ihre Ansprüche geltend zu machen. Sie verjähren laut Rechtsprechung des BGH erst mit Kenntnis des Urteils (Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14). Die Verjährung tritt also erst Ende 2024 ein.

Endgültige Klärung steht noch aus

Wie weit die Forderungen in die Vergangenheit reichen, ist juristisch nicht eindeutig geklärt. Verbraucherschützer gehen von einem Zeitraum von 10 Jahren aus, Banken eher von 3 Jahren. „Bis das Ganze juristisch wirklich geklärt ist, dürfte es noch eine Weile dauern“, sagt Niels Nauhauser.

Text: red, Bild: dpa-Magazin