Noch ist keine Besserung der Wohnsituation in Sicht.
Von außen deutet nichts auf die Situation in dem Eckhaus Kameruner Straße 5/ Lüderitzstraße 22 hin. In der Bar im Erdgeschoss treffen sich Nachbarn aus dem Kiez und genießen das milde Spätsommerwetter. Und auch die Bewohner des Hauses scheint es auf die Straßen zu ziehen. Bis spät in die Nacht sind selbst die Kinder der hauptsächlich von Roma-Familien bewohnten Immobilie noch wach. Bei den prekären Verhältnissen, die im Inneren herrschen sollen, wohl kein Wunder. Die circa 120 Mieter, darunter viele Familien mit Kleinkindern leben nicht nur auf zu engem Raum, sondern mussten bereits gegen eine Rattenplage ankämpfen.
Die Ratten, die hier noch vor wenigen Wochen durch das Haus und den Hinterhof huschten, sind nun zwar weitestgehend tot. Doch es gibt weitere Probleme, die das Haus eigentlich unbewohnbar machen: Der Müll wird nicht abgeholt, das Wasser tropft durch die Decken und zwischendurch fällt der Strom immer wieder für Tage aus. Eine Hausverwaltung, die sich um die Familien kümmern könnte, gibt es ohnehin nicht. Stattdessen rückt die Polizei regelmäßig an, um die unzufriedenen Bewohner zu beruhigen, die durch ihren Aufenthalt auf der Straße und Prügeleien auch die Bewohner der umliegenden Gebäude verärgern.
Bezirksamt will Lösung
Noch vor wenigen Wochen setzten sich Bezirksstadträtin für Jugend, Familie und Bürgerdienste, Dr. Sandra Obermeyer und Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Gesundheit, Ephraim Gothe für eine baldige Lösung des Problems ein. Die scheitert bislang vor allem am Eigentümer des Hauses, dem Arzt Santosh A., dem mehrere Berliner Häuser gehören. Eine Vielzahl davon ist ebenfalls heruntergekommen oder steht leer, verkaufen möchte er trotzdem nicht. „Er hat kein Verwertungsinteresse. Zwar hat es bisher einige Gespräche mit städtischen Wohnungsbaugesellschaften gegeben, die Hausverwaltung zu übernehmen und sowohl Eigentümer als auch Bezirk zu unterstützen. Herr A. hat alle Termine hierzu aber verstreichen lassen, “ so das Bezirksamt Mitte auf Anfrage des Berliner Abendblatts.
Enteignung nicht möglich
Enteignen könne man den Eigentümer aber auch nicht, so Bürgermeister von Dassel. Das ließe sich nur durchführen, wenn man nachweisen könnte, dass die Bewohner obdachlos seien und das Haus unbewohnbar. Immerhin lässt Besitzer Santosh A. mittlerweile die Rattenplage mit Gift bekämpfen und den Müll abholen. Neben Sozialarbeitern sollen sich ab Oktober auch weitere Mitarbeiter des Bezirks und des Trägers Kulturen im Verein e.V. um die Familien kümmern, unter anderem mit Beratung und Kinderbetreuung.
Das Bezirksamt kämpft aber auch weiterhin für eine Beseitigung der Missstände. „Wir erwarten vom Eigentümer, alles Erforderliche zu veranlassen, das Objekt in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Das Bezirksamt wird im Rahmen der Wohnungsaufsichtsgesetze alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, die Missstände zu beseitigen.“
Katja Reichgardt, Bilder: imago/64776846,