„Offene Familienwohnung“ soll ein Rückzugsort für Eltern und ihre Kinder sein.

Für viele Kinder ist leider noch immer die Straße der Ersatz für ein intaktes Familienleben. „Wir haben festgestellt, dass schon Sechsjährige mit ihren zehnjährigen Geschwistern allein auf den Straßen und Spielplätzen unterwegs sind – teilweise wurden sie dort noch um 19.30 Uhr von Mitarbeitern angetroffen“, sagt Heidi Depil, Geschäftsführerin des sozialen Trägers „casablanca“. Für diese Kinder und ihre Familien wurde jetzt im Falkenhagener Feld die erste „Offene Familienwohnung“ von Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank und den Partnern der Gemeinschaftsinitiative eröffnet. Das soziale Projekt wird unter anderem von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und dem Quartiersmanagement unterstützt und ist zunächst für zweieinhalb Jahre geplant.

Gewalt-Erfahrungen

cr_lvs_sp_gruppeDie geräumige Vier-Zimmer-Wohnung in einem Gewobag-Wohnhaus am Kraepelinweg 13 ist täglich geöffnet und soll den Familien und ihren Kindern, die häufig einen Migrationshintergrund haben, als sicherer Rückzugsort dienen. Die Eltern hätten häufig eine hohe Risikotoleranz, was ihre Kinder angeht. In den Jahren 2012/13 gab es erschreckende pädophile Gewaltvorfälle. Dabei wurde sogar einer der Täter von einem 15-Jährigen Jungen getötet. „Wenn man in diesem sozialen Umfeld versucht, den Eltern Kinderrechte nahe zu bringen oder eine Definition von sexuellem Missbrauch, sind sie meistens sehr erstaunt. Oft sind sie überfordert mit ihrem Leben und mit der Erziehung ihrer Kinder. Viele haben auch Gewalt-Erfahrungen in ihrer eigenen Familie gemacht“, sagt Heidi Depil.

Kontakte knüpfen

Die Mitarbeiter haben oft erlebt, dass die Kinder oft sehr vertrauensselig sind und Fremden bereitwillig folgen, wenn ihnen etwas angeboten wird. „Die Eltern denken, es brauche ein ganzes Dorf, um die Kinder zu erziehen, und schicken sie einfach nach draußen“, bedauert die Geschäftsführerin. Mit schrecklichen Folgen wie die vergangenen Jahre zeigen. Die Arbeit in der „Offenen Familienwohnung“ stärkt zukünftig die Sicherheit von Kindern im Quartier. Darüber hinaus können Familien unter anderem nachbarschaftliche Beziehungen erweitern. Am Vormittag haben Eltern, meistens Mütter, die sonst sehr isoliert in den anonymen Hochhäusern leben, Gelegenheit zum Austausch mit anderen. Sie teilen familiäre Sorgen und erhalten bei Bedarf soziale Beratung oder Rechtsberatung. Die Kleinkinder werden dann in der Krabbelgruppe betreut. Am Nachmittag nutzen die Schulkinder Spiel-, Bastel- und Lernangebote drinnen und draußen und haben eine Alternative zum Spielplatz Straße.

Anke Walter, Bilder: Tina Merkau