Bürokratie vermasselt Freizug der Sportstätten.

Etliche vorhandene und neu gebaute Flüchtlingsunterkünfte in Berlin können nicht genutzt werden, weil die Ausschreibungen für den Betrieb der Heime fehlerhaft sind. Als „Eingeständnis des totalen Scheiterns und mangelhafter Planung“ kritisiert der Hauptstadtsport, dass das Senatsversprechen zum Freizug der belegten Sporthallen bis Jahresende nicht eingelöst werden kann. Für den Landessportbund (LSB) ist dies ein Bürokratie-Versagen von Senat und Bezirken auf der ganzen Linie.

Vertrauen verspielt

„Ich frage mich, ob den Verantwortlichen in der Stadt überhaupt bewusst ist, dass hier bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen in die Verlässlichkeit von Politik und Verwaltung verspielt wird“, so der LSB-Präsident Klaus Böger. Er erwarte, dass zumindest die bereits freigezogenen Hallen schnellstmöglich ans Netz gebracht werden. Sie stehen seit Wochen und Monaten leer, weil die beteiligten Verwaltungen die Sanierung nicht auf die Reihe bekommen. Deshalb sei zu befürchten, dass die Hallen auch im nächsten Herbst noch nicht wieder zur Verfügung stehen. „Ein Armutszeugnis für Berlin“, so Böger.

Gerade mal 23 der ursprünglich 63 sichergestellten Hallen sind bis dato geräumt, nur zwei davon nach einer mehr oder minder provisorischen Reinigung wieder am Netz und von Sportlern nutzbar. Der Grund für die erneute Verzögerung beim Freizug liegt laut Presseberichten in den Abstimmungsprozessen der Behörden. Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) habe im Frühsommer sieben Millionen Euro für die Honorierung von externen Experten im Vergaberecht gefordert, weil solche Fachleute behördenintern rar sind. Doch bewilligt wurden erstmal nur 1,3 Millionen Euro. Die Finanzverwaltung sucht immerhin jetzt nach „Überbrückungen“. So könnten die Containerheime vorerst einer landeseigenen Gesellschaft übergeben werden – ohne Ausschreibung. Danach könnten Interimsbetreiber für sechs bis neun Monate übernehmen. Geprüft wird offensichtlich auch die Möglichkeiten, einen humanitären Notstand festzustellen, um die Heime ohne Ausschreibung beziehen zu können. Noch scheut der zuständiger CDU-Senator vor dem nötigen Antrag zurück, will dies offenbar lieber den ab 8. Dezember Regierenden von Rot-Rot-Grün überlassen.

Nerven liegen blank

Charlottenburg-Wilmersdorfs Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) ärgert sich vor allem über ein fast bezugsfertiges Gebäude an der Heerstraße, das einem privaten Eigentümer gehört. Auch hier blockiert das Rechtsproblem die Belegung. „Es hieß, Flüchtlinge, die in einer Sporthalle an der Forckenbeckstraße untergebracht sind, sollten im vergangenen Sommer umziehen. Dann hieß es plötzlich beim LAF: Kommando zurück.“ Doch die Lage in der Sporthalle spitze sich zu. „Die Nerven der Leute dort liegen blank. Deshalb müssen wir überlegen, ob wir die leer stehende Unterkunft beschlagnahmen, wenn Gefahr im Verzug ist,“ so Naumann. Eine schriftliche Aufforderung an den Senat, die rechtliche Möglichkeit einer Beschlagnahme zu prüfen, blieb bislang unbeantwortet. Noch vor Weihnachten wollen sich Naumann und sein Sozialstadtrat Carsten Engelmann einen Termin bei der neuen Sozialsenatorin sichern. Denn in der Werner-Ruhemann-Sporthalle an der Forckenbeckstraße warten derzeit noch 118, in der OSZ-Sporthalle an der Prinzregentenstraße 128 Flüchtlinge auf den erlösenden Umzug in eine würdige Unterkunft. Für Schul- und Vereinssportler im Bezirk beginnt danach die Zeit des Wartens auf die Hallensanierung.

Michael Hielscher