Stadtentwicklung: 1.000 Unterschriften werden benötigt, um eine Milieuverordnung zu beantragen.
Anfang des Jahres hatte das Bezirksamt beschlossen, die Viktoriastadt unter Milieuschutz zu stellen. Wohnungs- und Hauseigentümer in diesem Gebiet müssen jetzt Genehmigungen für Modernisierungsarbeiten beim Bezirksamt beantragen. Grundsätzlich müssen Maßnahmen wie Grundrissänderungen, Umnutzungen von Miet- in Gewerbe- oder Ferienwohnungen sowie Modernisierungsausbau wie der Einbau von Fußbodenheizungen, Panoramafenstern oder zusätzliche Bäder jetzt speziell genehmigt werden. Auch die Umwandlung von Miet- zu Eigentumswohnungen kann in Gebieten mit Milieuschutz vom Bezirksamt verwehrt werden. Mit diesen Maßnahmen soll die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung im Gebiet erhalten bleiben und einer sozialen Verdrängung vorgebeugt werden. Schließlich soll günstiger Wohnraum dafür sorgen, dass sich die Nachbarn in der Viktoriastadt auch in Zukunft noch ihre Wohnungen leisten können.
Auch wenige hundert Meter weiter östlich im Weitlingkiez, zwischen den S-Bahnhöfen Nöldnerplatz und Lichtenberg fürchten Nachbarn jetzt die teuren Mieten. Die sogenannte Topos-Studie aus dem Jahr 2015 belegt, dass sich die Bevölkerungsstruktur im Gebiet Weitlingstraße stark verändert hat und auch Häuser und Wohnungen zunehmend durch Modernisierungsarbeiten aufgewertet wurden. Zahlreiche Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen, Steigerungsraten von bis zu 150 Prozent auf die Kaufpreise bei Wohnbauland im Gebiet sowie Mietsteigerungen bei den Angebotsmieten um 44 Prozent in vier Jahren sowie bei den Bestandsmieten um zwölf Prozent im nahezu gleichen Zeitraum haben das Wohnen hier teuer gemacht.
Gefahr erkennen
„Für die Einführung des Milieuschutzes in einem Gebiet muss offiziell eine abstrakte Gefahr bestehen, dass infolge von baulichen Maßnahmen eine unerwünschte Veränderung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung des Gebietes zu erwarten ist, die auch städtebauliche Folgen erwarten lassen“, nennt Hendrikje Klein, die Abgeordnete der Linken im Abgeordnetenhaus das Hauptkriterium zur Einführung eines Milieuschutzes in einem Wohngebiet. Dies sei, so Klein, insbesondere dann gegeben, wenn Quartiersentwicklungen einen Austausch der Bevölkerung zur Folge hat und die öffentliche Hand finanzielle Mittel benötigt, um das Quartier in Sachen Wohnungs-, Kita- und Schulbau infrastrukturell anpassen zu müssen. Schul- und Kitaneubau wird derzeit dringend im Kiez benötigt, die Bevölkerungszahl steigt genauso stetig, wie die Quote der Kosten, die die Bewohner für Miete aus ihrem monatlichen Einkommen aufbringen müssen: unter den 190 Berliner Postleitzahlengebieten ist das Quartier im Kostenranking von Platz 114 im Jahr 2015 innerhalb von zwei Jahren auf Platz 68 geklettert.
Jetzt sammeln
Ein entsprechender Einwohnerantrag bei der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung soll nun das Thema „Millieuschutz für den Weitlingkiez“ auf die Tagesordnung heben. „1.000 Unterschriften müssen wir nun möglichst schnell zusammen bekommen, damit das Thema dort behandelt wird“ schildert Hendrikje Klein die Vorgehensweise der Milieuschutzinitiative, die sich aus Bürgern des Weitlingkiezes unlängst gegründet hat. Unterschreiben können alle Bürger, die in Lichtenberg gemeldet und über 16 Jahre alt sind.
Infos und Vorlagen für die Unterschriftenlisten gibt es per Mail unter folgender Adresse sowie bei der oskar | freiwilligenagentur Lichtenberg in der Weitlingstraße 89, (Öffnungszeiten dienstags und donnerstags 14 bis 18 Uhr und freitags 10 bis 14 Uhr. Dort können auch ausgefüllte Listen abgegeben werden.
Stefan Bartylla, Bild: imago / Manja Elsässer
milieuschutz-weitlingkiez@t-online.de