Räume für Kleinunternehmen sind in Friedrichshain und Kreuzberg knapp und teuer.
Für den Durchschnitts-Kreuzberger oder Friedrichshainer sind Mieterhöhungen schlimm genug. Mindestens ebenso hart trifft es diejenigen, die ein kleines Gewerbe betreiben. Bäckereien, Cafés, Buchhandlungen, Platten- und Second-Hand-Läden, sogar soziale Einrichtungen von Kitas bis Familienzentren ächzen angesichts der steigenden Kosten für ihre Räume. Anders als beim privaten Wohnraum gibt es hier praktisch keine Regulierung, dafür aber eine enorme Nachfrage. Es braucht ein Umdenken beim Infrastruktur-Ausbau, und das muss schnell geschehen, glaubt Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann. „Ganz Berlin muss sich überlegen, ob man nicht mehr nur für bestimmte Zielgruppen baut.“
Keine Sonderregeln
Das Gegensteuern ist bei solchen Entwicklungen schwierig. Bundesinitiativen zu dem Thema sind kaum umzusetzen, da die Interessen im Bund andere sind als im Land Berlin und im Bezirk. Bestrebungen dazu, das Mietrecht auch im Bereich Gewerbeimmobilien zu ändern, gibt es immer wieder, aber bisher ohne Ergebnis. „Ich glaube, da können wir lange drauf warten“, so Baustadtrat Florian Schmidt. Von Sonderregelungen für soziale Betriebe oder Einrichtungen hält er nicht viel, denn auch, wenn diese den Schutz besonders brauchen würden, könne kein Eigentümer gezwungen werden, an solche Einrichtungen auch zu vermieten. „Wir werden da andere Wege gehen müssen“, glaubt er.
Zum einen hofft er auf eine Vernetzung von Bürgerinitiativen. „Wir haben für ein solches Netzwerk Mittel beim Senat für Stadtentwicklung beantragt“, so Schmidt. Zum anderen sei es wichtig, Einfluss auf die Wohnungsbaugesellschaften zu nehmen, denn die würden Gewerbeflächen oft als „Cash Cow“ benutzen – Schmidt: „Da muss ein Bewusstseinswandel her“.
Umdenken diskutieren
Einen solchen Wandel möchte auch Andy Hehmke, als Bezirksstadtrat unter anderem für den Bereich Wirtschaft zuständig, herbeiführen. „Wir werden uns schon noch einmal anschauen, welche Immobilien die öffentlichen Wohnungsgesellschaften hier haben“, sagt er. Und mit denen wolle er dann versuchen, Absprachen zu treffen. „Wenn zum Beispiel im Simon-Dach-Kiez eine Kneipe umzieht oder ihr Geschäft aufgibt, muss man mit den Öffentlichen überlegen, ob man da nicht vielleicht besser einen Kinderladen, einen Handwerker oder eine andere gewünschte Nutzung hineinbekommt, und nicht einfach nur die nächste Kneipe.“
Gerne möchte Hehmke auch da, wo es Neubaupotenzial gibt, das Kleingewerbe im Blick halten. Beim Dragoner-Areal, zum Beispiel. „Ich möchte da mal das Stichwort „Handwerkergasse“ ins Spiel bringen und denke, dass wir an dieser Stelle so etwas mit integrieren müssen.“
Gewerbe und Wohnen
Kompromissbereitschaft fordert Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann ein. „Wir müssen den Ausbau der Infrastruktur ganz anders denken und gerade für Kleingewerbe und Wohnbau Kombinationen entwickeln.“ Es dürfe nicht mehr nur an eine einzige Zielgruppe gedacht werden. Das werde nicht einfach sein, solange diejenigen, welche die Weichen für Stadtentwicklung stellen, nicht handeln würden. Die Zeit, glaubt sie, drängt: „Bei uns im Bezirk wird ein Problem oft als erstes sichtbar, aber später wird es andere Innenstadtbezirke und Randbereiche betreffen“, so die Bezirksbürgermeisterin.
Text: Oliver Schlappat, Bild: Imago/Christian Mang