„System muss optimiert werden“, fordert Ex-Senator Czaja.
Als Mitarbeiter der Mahlsdorfer Kita die Notrufzentrale kontaktieren, ist es kurz nach elf am Morgen. Kita-Kind Stina (18 Monate alt) hat einen Fieberkrampf – ihre Atmung ist ins Stocken geraten und sie braucht dringend Hilfe. Schnell ist auch die Mutter informiert, die gleich in der Nähe wohnt. Sie ist Ärztin, hat an diesem Tag frei und ist nur wenige Momente später vor Ort. Der glückliche Umstand, dass sie Erste Hilfe leisten kann, rettet dem Kind das Leben, denn der alarmierte Rettungswagen trifft erst eine gefühlte Ewigkeit später ein. Rund zwanzig Minuten soll er gebraucht haben. Wäre man auf diese Helfer angewiesen gewesen, hätte das Kind wohl nicht überlebt.
Weiteres Warten
Als es darum geht, dass endlich auch ein Notarzt die Versorgung des Kindes übernimmt, setzt sich das Drama fort: 40 Minuten dauert es, bis ein Arzt in Mahlsdorf eintrifft, um die weitere Behandlung des Kindes zu übernehmen. Der wird nämlich per Funk aus Tempelhof hierher gerufen – eine gewaltige Anfahrt, die auch trotz Blaulichteinsatz viel zu lange dauert. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt eine hohe Auslastung. Alle Notärzte in der erweiterten Region Marzahn, Lichtenberg und Weissensee waren bereits im Einsatz, so dass dieser weit entfernte Wagen tatsächlich die nächste Möglichkeit war“, erläutert ein Sprecher der Berliner Feuerwehr. Hinzu kam noch, dass auch der Rettungshubschrauber Christoph 31 an diesem Tag wegen der Wetterlage nicht starten konnte. „Unsere Zielsetzung lautet, jeweils nach acht Minuten am Einsatzort mit einem Rettungswagen eintreffen zu können. In der Realität sind es tatsächlich knapp neun Minuten, an denen unsere Leute tatsächlich vor Ort sind“, erläutert der Feuerwehrsprecher. Diese Quote werde im Normalfall in jedem Stadtteil erreicht – auch Mahlsdorf bilde da keine Ausnahme. Die Rettungs- und Notarztwagen seien de facto im gesamten Stadtgebiet ständig unterwegs. Die medizinische Versorgung regele dabei das Computersystem, das den jeweils nächst gelegenen Wagen zum Einsatzort ordert. 400.000 Einsätze würden auf diese Weise im Jahr geregelt – 21 Notärzte seien dafür zu jeder Tageszeit im Einsatz.
Optimierung notwendig
Mario Czaja (CDU), Abgeordneter für den Bezirk und ehemaliger Berliner Gesundheitssenator, bestätigt die grundsätzliche Funktionalität dieses Systems: „Aber solch ein Vorfall ist überhaupt kein haltbarer Zustand. So etwas darf keine Normalität darstellen“, so Czaja in einer Stellungnahme gegenüber dem Berliner Abendblatt. Das Problem sei schließlich, dass die Ärzte, die zu den Einsatzorten losfahren, nicht in den Krankenhäusern, sondern ausnahmslos auf den Wagen der Feuerwehren säßen oder sich in den Rettungswachen bereit hielten.
„Konkret in diesem Fall wäre es optimal gewesen, wenn die hier benachbarten Krankenhäuser mit in der Alarmierungskette der Feuerwehren eingebunden gewesen wären“, erläutert Czaja. Das aktuell organisierte Rettungsdienstsystem sehe aber leider nicht vor, dass zusätzliches ärztliches Personal per normalem Rettungswagen aus dem stationären Dienst eines Krankenhauses zum Unfallort gebracht werden könnte.
„Hätte der Notarztwagen seinen Standort am UKB oder am Krankenhaus Kaulsdorf gehabt, wäre es zu dieser unhaltbaren Situation erst gar nicht gekommen und man hätte Ärzte von dort zum Einsatz bringen können“, so Czaja, der bereits in seiner Zeit als Gesundheitssenator die Forderung formuliert hatte, einen Teil der Rettungswagen auch an Krankenhäusern zu stationieren.
Stefan Bartylla, Bild: Josephine Klingner