Politik erwacht: Nach wochenlanger Ignoranz soll es nun Hilfen und Abwasserleitung für Hochwasser-geplagte Siedler geben.

Der verregnete Sommer erwischte die Tegeler Siedlung an den „Mäckeritzwiesen“ besonders hart: Nach den heftigen Regenfällen im Juni und Juli war tagelang „Land unter“ – bis zu 80 Zentimeter stand das Wasser hoch. Überschwemmungen sind nicht ungewöhnlich für die Kleingärtner und Dauerbewohner. Sie haben nah am Hohenzollernkanal gebaut, hohes Grundwasser und eine unzureichende, privat angelegte Kanalisation sorgen nach starkem Regen häufiger für die Überflutung ihrer Grundstücke. Doch so schlimm kam es noch nie. Für viele Anwohner eine hoch dramatische und Existenz bedrohende Situation.

Aktueller Klärungsbedarf

Verzweifelt baten sie Bezirk und Senat um Hilfe – stießen aber auf Unverständnis und taube Ohren. Kompetenzgerangel, nicht vorhandener Hilfsfonds, vor allem der unklare Status der „Mäckeritzwiesen“– Kleingartenanlage oder Wohnsiedlung? – bewirkten eine Behörden-Ignoranz, die Menschen in Not sich selbst überließ. Einzig das Technische Hilfswerk (THW) sah nicht tatenlos zu und erbarmte sich der absaufenden Siedlung. Es schickte Technik und Personal, das das meiste Wasser abpumpte. Allerdings ein Ausnahmefall, heißt es. Denn eigentlich dürfen die Katastrophenhelfer nur auf behördliche Anforderung – und nicht auf die Hilferufe Privater – aktiv werden.

Doch weder Bezirk noch Senat riefen das THW; warum das trotz der offensichtlichen Notsituation nicht geschah, bleibt unklar. Trotz der unbürokratischen Hilfe – kosten wird der THW-Einsatz die Betroffenen dennoch einiges. Aber viel weniger als befürchtet: Ganz offensichtlich auch Wahlkampf-beflügelt, ist die Politik schließlich doch noch erwacht. Vorneweg Frank Steffel, Reinickendorfer CDU-Bundestagsabgeordneter, der nicht nur eine Spende über 10.000 Euro von der Deutschen Wohnen Gruppe vermittelte, sondern Senat und Bezirk auch den Bau einer – vorerst provisorischen – Abwasserleitung abrang. „Ein tolles Ergebnis unserer gemeinsamen Bemühungen“, sagt er. „Die Spende hilft den Bewohnern ein ganzes Stück weiter. Und es wird intensiv an einer dauerhaften Lösung des Überschwemmungsproblems gearbeitet.“

Aktiv werden

Auch die SPD-Fraktion in der BVV Reinickendorf und ihr Abgeordneter Jörg Stroedter machen sich stark für die Bewohner der Siedlung. „Kommunalpolitik darf sich nicht wegducken, wie sie es getan hat. In solchen Fällen ist sie menschlich und moralisch immer zuständig – ganz egal, wem die Siedlung gehört und ob es sich um Lauben oder feste Häuser handelt. Der bezirkliche Katastrophenschutz hat versagt“, sagt Stroedter. Er erwarte von der Bezirksamtsspitze, dass sie alle Möglichkeiten einer schnellen und unbürokratischen Hilfe nutzt. Gemeinsam mit den Berliner Wasserbetrieben müsse eine Lösung her, die nicht nur den Siedlern vor Ort zugute kommt, sondern künftig auch ähnliche Situationen verhindert. „Am besten wäre ein Graben, der das angestaute Wasser ableitet“, bekräftigt Bernd Plenus, Vorsitzender des „Siedlung Mäckeritzwiesen e.V.“

Trocken beliben

Die Weichen sind gestellt: Noch im September will der Umwelt- und Verkehrssenat auf einer Informationsveranstaltung mit den Siedlern Lösungsansätze und weiteres Vorgehen beraten; auch die Wasserbetriebe und Experten sind dazu geladen. Der Zug kommt in Fahrt, damit es an den Mäckeritzwiesen nie wieder heißt: Land unter!

Jürgen Zweigert, Bilder: Bild: Imago/Petra schneider, Imago/Olaf Wagner