Forum: Berlins Regierender Bürgermeister stellt sich Bürgerfragen im Kino Toni.

Es dürfte einer der angenehmeren Termine am Arbeitstag des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller gewesen sein. Bevor er sich live in den ARD-Tagesthemen bohrenden Fragen zu angeblichen „no-go-areas“ und rechtsfreien Räumen in Berlin stellte, ging es im vollbesetzten Kino Toni in Weißensee vergleichsweise harmonisch zu. Der SPD-Landesverband gab seinem Spitzenkandidaten Müller im Vorfeld der Abgeordnetenhauswahl im September eine Bühne, die dieser betont bodenständig bespielte. Vom Drucker zum Regierenden – mit der Botschaft: Ich verspreche nichts, aber ihr könnt mir vertrauen. Müller will authentisch sein, nichts schönreden. Er meistert den Balanceakt: Niemanden zu verprellen, ohne allen gefallen zu wollen.

Aktiv einbringen

Der Abend steht unter dem Motto „Füreinander – Wachstum menschlich gestalten“. Müller wird gefragt, was er darunter versteht. „Nicht auf dem Sofa sitzen und zugucken, sondern sich aktiv einbringen“, lautet seine Antwort. Die Integrationsarbeit werde in den Stadtquartieren geleistet und nur gelingen, wenn sich die Bürgerschaft solidarisch engagiere. Sei es als Lesepate, als Ehrenamtler in Vereinen oder Initiativen. Dass Berlins rasantes Wachstum Konflikte birgt, leugnet der Regierende nicht, wirbt aber dafür, das Wachstum positiv zu sehen. „Veränderungen kann man nicht wegbeschließen“, bittet er auch um Geduld, dass manches eben seine Zeit erfordere. Den Bürgern brennt viel auf den Nägeln: Der Fluglärm des überlasteten Airports Tegel, der Lärmschutz entlang der Stettiner Bahn, die dringend benötigte Rückgabe der Sporthallen für Schulen und Vereine, der barrierefreie Ausbau der S-Bahnhöfe, ein konstruktiveres Miteinander bei der geplanten Bebauung an der Michelangelostraße, der Konflikt zwischen der Erweiterung der Infrastruktur und dem Erhalt von möglichst viel natürlichem Grün, das Volksbegehren zum Erhalt des Flughafens Tegel, der Wunsch nach schnelleren Straßenbauarbeiten rund um Buch, ein Finanzloch in Höhe von 20.000 Euro am Oberstufenzentrum Gastgewerbe in Weißensee, verschwindende Parkplätze in Folge neuer Bauvorhaben oder der Wunsch nach mehr Personal in den Ämtern.

Präsidial gekämpft

Müller ist nicht als Heilsbringer gekommen, sondern als Versteher. Er antwortet präsidial, obwohl es eine Wahlkampfveranstaltung ist. Und so ist auch sein Schlusswort: Über die jüngsten AfD-Erfolge dürfe Deutschland nicht einfach hinweggehen. Es gelte sich zu entscheiden – zwischen einem weltoffenen Land und einem, das sich abschottet. Natürlich ist es Müller vor allem wichtig, dass viele wählen gehen. Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Wer noch eine Empfehlung braucht, dem kann ich helfen …“

Text und Bild: Michael Hielscher