Koepjohann’sche Stiftung feiert Richtfest in der Tieckstraße, wo ein Obdachlosenzentrum entsteht.

Die Plätze für Obdachlose werden in Berlin immer knapper. Vor allem für wohnungslose Frauen gibt es nur wenige Angebote. Über die Kündigung einer der wenigen Einrichtungen, die sich ausschließlich an Frauen richten, Evas Haltestelle, berichtete das Abendblatt vor einigen Wochen. Aber es tut sich auch einiges in diesem Bereich.

Neue Unterkünfte

So entsteht beispielsweise in der Tieckstraße unweit des Nordbahnhofs ein neues Zentrum für wohnungslose Frauen. Zwischen Gründerzeithäusern und Design-Neubauten sollen ab Ende des Jahres betroffene Frauen in betreuten Einzel- und Gemeinschaftswohnungen der Koepjohann’schen Stiftung unterkommen. Die unterstützt seit nunmehr 220 Jahren Kinder, Frauen und Senioren. Ursprünglich war ihr Auftrag „Witwen und Waisen in der Spandauer Vorstadt“ zu helfen. Diesen Stiftergedanken führt sie auch in ihren Projekten in Mitte fort, unter anderem in einer Notunterkunft für Frauen, die sich ebenfalls in der Tieckstraße befindet. Wenige Meter weiter entsteht nun das größer gedachte Zentrum in dem ehemaligen Gemeindehaus der evangelischen Golgathagemeinde von Mitte.

Zum Richtfest in der vergangenen Wochen kamen viele Anwohner, Gemeindemitglieder und Interessierte. „Wir wollen mit unserem Projekt auch zeigen, dass viel mehr Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen sind, als die meisten denken“, sagte die Geschäftsführerin der Stiftung Heidrun Lüdtke. Dabei hätten es vor allem obdachlose Frauen und Familien in Berlin schwer. Insgesamt sind aktuell rund 30.000 Menschen wohnungslos. Experten gehen sogar von noch mehr Betroffenen aus. Der größte Teil von ihnen lebt aber nicht dauerhaft auf der Straße, sondern kommt immer wieder, teilweise auch langfristig, in sozialen Einrichtungen und Notunterkünften unter. Neben den Wohnungen soll auch ein Tagescafé mit Beratungszentrum Teil des neuen Zentrums für wohnungslose Frauen werden.

Mehr Struktur

So sollen die Bewohner eine geregelte Tagesstruktur bekommen und sich untereinander austauschen können. Das denkmalgeschützte Gebäude, das zu diesem Zweck saniert und umgebaut wird, wurde bereits 1870 als dreigeschossige Villa erbaut und wurde anschließend mehr als 100 Jahre von der Golgatha-Gemeinde genutzt, die es im vergangenen Jahr an die geschichtsträchtige Stiftung verkauft hat. Die Koepjohann’sche Stiftung wurde bereits 1792 von dem Schiffbaumeister und Unternehmer Johann Friedrich Koepjohann gegründet und ist somit eine der ältesten mildtätigsten Stiftungen in ganz Berlin. In den kommenden Monaten wird das Zentrum ausgebaut. Wann es eröffnet wird, ist noch unklar.

Text: Katja Reichgardt, Redaktion, Bild: imago/Müller-Stauffenberg