Richter vertagt die Entscheidung über die Zukunft eines großen Berliner Kulturtempels.
So viel Berliner Schauspieler-Prominenz hat das Landgericht am Tegeler Weg noch nie gesehen: Winfried Glatzeder, Katharina Thalbach mit Tochter Anna, Ursela Monn, Marion Kracht waren neben vielen anderen Theater-Stars in den Saal 142 gekommen. Sie alle wollen Martin Woelffer (Titelfoto: links) im Kampf um seine Kudamm-Bühnen unterstützen. Der Luxemburger Investor, Mars PropCo 1, neuer Eigentümer des Kudamm-Karrees, klagt gegen den Theaterchef, der das traditionsreiche Berliner Familienunternehmen in dritter Generation leitet. Es geht um die fristlose Kündigung von Komödie und Theater am Kurfürstendamm. Durch die Weigerung, die beiden Häuser zu räumen, würden die geplanten Bauarbeiten stark verzögert. Außerdem sei der Mietvertrag seit Langem beendet und bereits seit 28 Monaten keine Miete und Betriebskosten mehr gezahlt worden. „Inzwischen beträgt der Rückstand 600.000 Euro“, sagt Norman Schaaf, Geschäftsführer der Cells Bauwelt, die das Großprojekt Kudamm-Karree betreut.
Vergleich vorgeschlagen
Richter Siegfried Sommerfeld schlägt den Parteien einen Vergleich vor. Die Kudamm-Bühnen wären bereit, ab sofort wieder monatlich 40.000 Euro Miete zu zahlen. Diesen Vorschlag lehnt Norman Schaaf ab. Da die Theater die Räume nicht aufgeben wollen, gefährde diese Haltung das Projekt Kudamm-Karree. Ein Kompromiss sei nur möglich, wenn die Theater einem Abriss der alten Bühnen zustimmen und den Bau einer neuen Spielstätte akzeptieren würden. Dazu sind Martin Woelffer und sein Anwalt Reiner Geulen nicht bereit. Darauf erklärt der Richter die Güteverhandlung für gescheitert. Er äußert sogar Zweifel an der Zulässigkeit der Klage: „Wo werden die Geschäfte von Mars PropCo 1 geführt? Eine Briefkastenanschrift reicht nicht“, sagt Sommerfeld. An der Luxemburger Meldeadresse der mysteriösen Firma, einem dreigeschossigen Plattenbau, stehen die meisten Büros leer, nirgends ein Schild mit dem Namen Mars PropCo 1.
Betrug vermutet
Als Beweis legt Woelffer-Anwalt Reiner Geulen ein Foto des leeren Klingelschildes vor. Die Gegenseite kontert mit einem Bild, auf dem der Name der Firma zu sehen ist. Prozess vertagt, der Verdacht eines versuchten Prozessbetruges steht im Raum. Theaterchef Martin Woelffer scheint zufrieden: „Beide Parteien haben kleine Watschen gekriegt, aber wir sind nicht mehr allein. Das ist für uns sehr wichtig.“ Thomas Elsholtz, Pressesprecher von Cells Bauwelt für das Projekt Kudamm-Karree. „Wir werden den Beweis erbringen, dass wir berechtigt sind, den Theatern zu kündigen.“ Nächster Akt im Theater um die Kudamm-Bühnen ist der 19. Juli.
Text & Bilder: Christina Praus