Veranstaltung: Zu groß und zu laut: Am MyFest schieden sich zuletzt die Geister. Ein neues Konzept soll das Kreuzberger Straßenfest retten.
Rund 44.000 Besucher zählte das Kreuzberger MyFest im vergangenen Jahr. Der Festbereich war zeitweise völlig überfüllt, und auch im öffentlichen Nahverkehr ging nichts mehr. Anwohner hatten sich über Lärm und Schmutz beschwert. Eine Neuauflage schien unverantwortlich. Für viele war das Kiezfest ohnehin längst zum Massenbesäufnis mit Ballermanncharakter verkommen – ohne Bezug zum traditionellen „Kampf- und Feiertag der Arbeiterklasse“.
Massen entzerren
Das soll sich nun ändern. Nach einigen Querelen um den offiziellen Status und die Ausgestaltung der Straßenfete findet das MyFest auch in diesem Jahr wie gewohnt am 1. Mai statt. Erstmals zeichnet der Myfest e.V. als Veranstalter für die Organisation verantwortlich. Nach dem Massenandrang im vergangenen Jahr wollte das Bezirksamt das Fest nicht mehr auf eigene Kosten als Straßenfest ausrichten. Der aus der MyFest-Crew hervorgegangene Verein wird von zahlreichen Anwohnern und Initiativen unterstützt und hat folgendes Rezept für die 14. Freiluft-Party ausgegeben: Sie soll kleiner und politischer werden. „Wir möchten die Besucherzahl in diesem Jahr unter 30.000 halten“, sagt Halis Sönmez vom Vereinsvorstand. Um den Besucherstrom zu entzerren, wurden drei Kundgebungen angemeldet: Eine auf dem Oranienplatz mit Oranienstraße (und einem kleinen Stück der Naunynstraße), eine auf dem Mariannenplatz und die dritte in der Waldemarstraße. Zu diesen drei Versammlungen wurden zusammen 35 000 „Teilnehmer“ bei der Polizei angemeldet. Die Zahl der Bühnen wurde um mehr als die Hälfte auf acht reduziert. Sie befinden sich am Oranien-, Heinrich- und Mariannenplatz, in der Oranien- und Waldemarstraße, am Feuerwehrbrunnen sowie am Bullenwinkel an der Naunynstraße. Andere bisherige Standorte wurden wegen Sicherheitsbedenken gestrichen.
Soziale Gerechtigkeit
Neu ist, das es auf den Bühnen nicht nur alle möglichen Sounds von türkisch-kurdischer Tanzmusik über Punk und Reggae bis Hip-Hop geben wird, sondern auch eine organisierte Abfolge von Redebeiträgen gegen Krieg, Rassismus, Mietsteigerungen und zu vielen anderen Themen, die sich für einen Tag im Zeichen von sozialer Gerechtigkeit und Freiheit anbieten. In manchen Nebenstraßen hatte es vor den Bühnen oft großes Gedränge gegeben. Statt wie im Vorjahr 300 wurden in diesem Jahr nur etwa 120 Standplätze genehmigt, an denen Anwohner Essen und Getränke anbieten. Und zwar bevorzugt solche von Hausgemeinschaften. Gewerbliche Anbieter wurden ausgeschlossen, die Toilettencontainer von sieben auf zwölf aufgestockt.
Klage angekündigt
Neben der Polizei sind 80 Ordner im Einsatz. Der offizielle Startschuss des Festes fällt um 10 Uhr. Um 22 Uhr ist Schluss. Um 18 Uhr wird das Bühnenprogramm unterbrochen. „Damit wollen wir den Besuchern die Gelegenheit geben, die Revolutionäre 1.-Mai-Demo zu besuchen“, sagt Sönmez. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hatte zuvor davor gewarnt, das MyFest als „Bollwerk gegen die Kundgebung“ aufzubauen. Deren Route stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Die Anmelder hatten eine Klage gegen die von der Polizei vorgeschlagene, durch Neukölln führende Strecke angekündigt. Das MyFest wurde erstmalig im Jahr 2003 veranstaltet, um den regelmäßigen Krawallen am 1. Mai keinen Raum zu bieten. Trotzdem kam es in den Abendstunden, vor allem rund um die Revolutionäre-1.Mai-Demo, immer wieder zu Ausschreitungen.
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[acc_item title=”Rekord”]
Nach Angaben der Veranstalter ist das MyFest das größte öffentliche Fest in Berlin. Rund 44.000 Besucher wurden im vergangenen Jahr gezählt. Diese Zahl soll in diesem Jahr deutlich heruntergefahren werden.
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[acc_item title=”Organisatoren”]
Das MyFest war ursprünglich als Straßenfest von Anwohnern für Anwohner geplant. Bis heute wird es von einem breiten Kreis von Menschen im Kiez getragen. Verantwortlich ist der MyFest e.V.
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[acc_item title=”Anreise”]
Von der Anreise mit dem eigenen Auto oder Fahrrad ist abzuraten. Besucher erreichen das Festgebiet unter anderem mit den U-Bahn-Linien 1 und 8. Wer gut zu Fuß ist, nimmt die S-Bahn bis zum Ostbahnhof.
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[acc_item title=”Programm”]
Mit Werbung für das MyFest-Programm halten sich die Veranstalter nach eigenen Angaben bewusst zurück. Details zur Abfolge der Bandauftritte und der politischen Reden werden am 1. Mai vor Ort auf Handzetteln mitgeteilt. Weitere Informationen stehen auf der Website des Vereins.
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Weitere Informationen finden Sie unter:
www.myfestev.de
Nils Michaelis / Bild: imago/Müller-Stauffenbarg