Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel bemängelt aktuelle Situation.
Tausende Flüchtlinge haben in den vergangenen Monaten bereits einen festen Wohnsitz in Berlin gefunden. Die Mehrzahl der Geflüchteten aber ist nach wie vor ohne feste Bleibe. Sie leben in Wohngemeinschaften, Notunterkünften oder Tempohomes. Für sie ist nicht der Bezirk verantwortlich, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, sondern der, der ihrem Geburtsmonat zugeordnet ist.
Reinickendorf betreut beispielsweise alle Dezember-Kinder, Mitte diejenigen, die im Januar geboren worden. Diese Regelung gilt auch für sämtliche Flüchtlinge ohne Ausweispapiere. Da viele Flüchtlinge ohne Pass der Einfachheit halber den 1. Januar als Geburtstag zugeordnet bekommen, muss sich der Bezirk Mitte derzeit um rund 30 Prozent dieser „statusgewandelten Flüchtlinge“ kümmern – auch wenn die in Marzahn oder Treptow untergebracht sind. Aktuell sind es knapp 9.000 Flüchtlinge, für deren Betreuung Mitte verantwortlich ist.
Bürokratischer Aufwand
Für Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel ist die Geburtsdatenregelung eine unnötige Belastung, sowohl für die Bezirksmitarbeiter als auch für die Flüchtlinge, die teilweise zum Sprachkurs oder Gespräch nach Mitte kommen müssen, obwohl sie sich rund um ihre Unterkunft in Marzahn ein soziales Umfeld aufgebaut haben. „Meiner Meinung nach, machen wir uns damit an der Integrationsfähigkeit der Geflüchteten schuldig“, so von Dassel. Er fordert von Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales (Die Linke) ein Umdenken zu diesem Thema. Die Zuständigkeiten für die Flüchtlinge sollten künftig im entsprechenden Wohnbezirk liegen. Zumindest dann, wenn es sich bei den Unterkünften um Tempohomes oder andere dauerhafte Wohnorte handelt.
Besser abstimmen
Das würde seiner Ansicht nach die Schulplatzsuche, den Besuch des Jugendamts oder die Jobsuche ungemein vereinfachen. „Wir haben teilweise keinen Überblick über den Verbleib der in Mitte registrierten Flüchtlinge. Wären die Bezirke, in denen sie sich aufhalten zuständig, könnte auch einer Zweckentfremdung von Hostels und anderen Gebäuden entgegengewirkt werden.“ Wäre die Meldeadresse der Standortbestimmer würden auch die Mitarbeiter in den Bezirksämtern entlastet, die ebenfalls lange Wege in Kauf nehmen, um ihre Klienten zu besuchen.
Die Zeit, die in Fahrten investiert wird, könnte laut Stephan von Dassel anderweitig und besser genutzt werden – um den betroffenen Menschen beispielsweise zu helfen . Ob und wann eine solche Neuregelung in Kraft treten wird, ist aber weiterhin ungewiss. Einen Teilerfolg gibt es aber bereits. So würden sich zumindest die Jugendämter in gesamt Berlin untereinander abstimmen. Für den Großteil der anderen bezirklichen Behörden gilt das aber bislang nicht.
Text: Katja Reichgardt, Bild: imago/Rolf Kremming