Mieterinitiativen und Parteien kämpfen seit Jahren für Milieuschutzgebiete in Steglitz-Zehlendorf. Diese rücken nun näher. CDU und Grüne vollzogen eine überraschende Wende.
Um für die Planungsräume Schloßstraße, Markelstraße, Mittelstraße und Feuerbachstraße eine Milieuschutzsatzung auf den Weg zu bringen, wird das Bezirksamt gebeten, ein Feinscreening bezüglich der Situation von Mietern in Auftrag zu geben. Ein entsprechender Antrag der schwarz-grünen Zählgemeinschaft wurde am Mittwoch im Stadtplanungsausschuss zur Annahme empfohlen. Damit gilt es als sicher, dass der Antrag auch in der Bezirksverordnetenversammlung eine Mehrheit finden wird.
SPD und Linke setzen sich seit Langem dafür ein, dass Steglitz-Zehlendorf dem Beispiel anderer Bezirke wie Neukölln, Tempelhof-Schöneberg oder Friedrichshain-Kreuzberg folgt und Milieuschutzgebiete festlegt. Schwarz-Grün hatte immer wieder auf fehlende finanzielle und personelle Ressourcen für vorbereitenden Untersuchungen, etwa ein Feinscreening, verwiesen. So bewegte sich lange Zeit so gut wie nichts.
Verdrängung von Mietern verhindern
In Gebieten mit einer sozialen Erhaltungssatzung, wie es im Amtsdeutsch heißt, werden sogenannte Luxussanierungen und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschwert. Dadurch sollen Mieter vor Verdrängung geschützt werden.
Trotz der Weichenstellung in Sachen Milieuschutz ist der Unmut in den Fraktionen von SPD und Linken groß. Der Vorwurf: CDU und Grüne hätten einen eigenen Antrag durchgesetzt, um einen politischen Erfolg von Linken und Sozialdemokraten, die ebenfalls Anträge zum Thema eingebracht hatten, zu verhindern.
Dazu erklärt Volker Semler, Sprecher der SPD-Fraktion für Stadtplanung und Wirtschaft: „Die schwarz-grüne Zählgemeinschaft stand mit dem Rücken zur Wand: 14 Jahre Tatenlosigkeit beim Mieterschutz, der Druck engagierter Menschen aus unserem Bezirk, Proteste in der ganzen Stadt sowie die sichtbare Verdrängung und Aufwertung in vielen Teilen von Steglitz-Zehlendorf haben CDU und Grüne letztendlich zum Handeln gezwungen.“
Druck im Kessel
Doch mit einem Feinscreening und Milieuschutz in vier Planungsräumen sei es nicht getan. SPD- und Linksfraktion hatten auch die Beobachtung von sieben weiteren Planungsräumen gefordert. Dazu zählen die Bereiche Südende, Augustaplatz und Bergstraße/Bismarckstraße. Schwarz-Grün habe dies abgelehnt. „Um Druck aus dem Kessel zu lassen, will die Zählgemeinschaft offensichtlich nur das größte Feuer löschen“, so Semler.
Mathias Gruner, Sprecher der Linksfraktion für Stadtplanung wirft CDU und Grünen vor, den ersten von drei Milieuschutzanträgen aus der Feder von SPD- und Linksfraktion „auf unwürdige Art gekapert“ zu haben. Was am Ende bleibe, sei ein Sieg für die Mieter im Bezirk. „Doch dieser ist nur wenig wert, wenn das schwarz-grüne Bezirksamt nicht grundlegend seine Haltung zum Mieterschutz ändert und konsequent handelt.“
„Dass es hier offenbar wieder nur um politisches Kalkül und Machterhalt geht, liegt nach unseren Erfahrungen nahe“, so Barbara von Boroviczeny von der Initiative MieterInnen Südwest. „Aber wenig ist erstmal besser als nichts.“
CDU und Grüne gaben zunächst keine Stellungnahme zum Thema ab.
Datum: 14. Juni 2020, Text: Nils Michaelis, Bild: imago images/Joko