Alternativer Mieter- und Verbraucherschutzbund kritisiert Urteil des Spandauer Amtsrichters.
Die Deutsche Wohnen hat auf dem Klageweg eine höhere Miete für eine Wohnung in der Straße An der Kappe durchgesetzt. Der Alternative Mieter- und Verbraucherschutzbund (AMV), der den Fall derzeit betreut, wertet die Entscheidung als eine „Katastrophe für Mieter in Spandau“.
Anstatt sich auf den Berliner Mietspiegel zu beziehen, hatte der Spandauer Amtsrichter zur Überprüfung der Klage des Wohnungsunternehmens ein Gutachten erstellen lassen. Demnach liegt die von der Deutsche Wohnen verlangte Miete für die gut 42 Quadratmeter große Wohnung mit knapp 250 Euro unterhalb der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ von gut 259 Euro. Bislang zahlte der beklagte Mieter Wolf-Dietrich Kniffka rund 227 Euro. „Dieses Gutachten beruht auf gerade einmal 15 sogenannten Vergleichswohnungen in ganz Berlin“, sagt der AMV-Vorsitzende Marcel Eupen. „So ein Vorgehen ist pseudowissenschaftlich und angesichts der Kosten von rund 2.850 Euro absolut unwirtschaftlich. Aus unserer Sicht ist die verlangte Mieterhöhung, die das Amtsgericht nun in voller Höhe abgesegnet hat, unwirksam.“
Berufung angekündigt
Laut Mietspiegel wäre die durch das Ende November gefällte Urteil festgelegte Nettokaltmiete weitaus geringer, sagt Eupen. „Die Tendenz der Rechtsprechung, die sich hier zeigt, ist mehr als besorgniserregend und führt zur Verunsicherung der Mieter. Wenn sich derartige Gerichtsurteile nicht mehr auf den Mietspiegel stützen, haben Betroffene keine Möglichkeit mehr, Mieterhöhungen zu überprüfen oder rechtlich dagegen vorzugehen.“ Eupen kündigt an, gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung einlegen.
Auch die Spandauer Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer hält das Urteil für falsch. „Damit wird der Mietspiegel faktisch weiter ausgehöhlt“, so die Linke-Politikerin. „Dieser ist trotz aller Fehler einer der letzten Rettungsanker für Mieter, um gegen überzogene Mietsteigerungen Einspruch zu erheben. Vor den Gerichten wird er langsam, aber sicher versenkt.“ Die Entscheidung werde nicht nur Spandauer Mieter stark verunsichern.
Mietspiegel festschreiben
Sommer: „Selbst die Bundesregierung hat inzwischen erkannt, wie wichtig der Mietspiegel ist, und will den zugrunde gelegten Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre verlängern.
Aber das wird nicht ausreichen.“ Die Linksfraktion im Bundestag fordere daher schon lange einen qualifizierten Mietspiegel, in den alle Mieten einer Kommune einfließen. „Dieser muss zudem rechtsverbindlich festgeschrieben sein, damit er nicht wie im Fall von Herrn Kniffka umgangen werden kann.“
Datum: 25. Dezember 2018. Text: Redaktion. Bild: Jon Vorth