Bündnis im Kosmosviertel kritisiert Mietsteigerungen nach Baumaßnahmen / Verdrängung befürchtet.

Viele Menschen, die in letzter Zeit ins Kosmosviertel gezogen sind, taten dies vor allem wegen der günstigen Mieten. Nun geht unter ihnen die Angst um, erneut verdrängt zu werden. Der Eigentümer, das  Wohnungsunternehmen Schönefeld Wohnen, lässt derzeit etliche Häuser energetisch sanieren und legt, so wird berichtet, eine Modernisierungsumlage von elf Prozent auf die Mieter um.

„Wer Transferleistungen bezieht, landet dabei rasch an der Obergrenze für angemessenen Wohnraum“, sagt Robert Trettin vom Bündnis Mieterprotest im Kosmosviertel. „Wird die Grenze überschritten, müssen beispielsweise Hartz-IV-Empfänger die Mietsteigerung mit dem Regelsatz auffangen, im Extremfall sind sie gezwungen, wegzuziehen oder sie werden zwangsgeräumt.“ Nach Angaben des Quartiersmanagements Kosmosviertel sind rund 1.900 Wohnungen von der Modernisierung betroffen. Zwischen 80 und 150 Euro betrage die Mieterhöhung in den Häusern, die jüngst  wärmegedämmt wurden. Viel Geld für Menschen, die ohnehin mit Ach und Krach über die Runden kommen.

Lukrative Neuvermietung

Natürlich dürfte jedem klar sein, dass bauliche Maßnahmen  für  klimafreundliche Mehrfamilienhäuser mit erheblichen Kosten verbunden sind. Trettin und viele andere in dem Kiez werfen  Schönefeld Wohnen  – dem privaten Unternehmen gehört der mit Abstand größte Teil der betroffenen Immobilien – vor, die Modernisierung bringe, wenn überhaupt, eine verschwindend geringe Energieersparnis. Stattdessen, so die einhellige Meinung, sollen wenig zahlungskräftige Mieter unter dem Deckmantel des Klimaschutzes vertrieben werden, um die Wohnungen weitaus teurer neu zu vermieten.  Das Wohnungsunternehmen war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Die Skepsis wird auch durch eine Erhebung des Berliner Mietervereins genährt.

Demnach habe in einer Vielzahl von Fällen die energetische Modernisierung nicht zu weniger Energieverbrauch und damit zu geringeren Nebenkosten geführt. Stattdessen hätten Mieter noch ein Jahr später die alten Vorauszahlungen geleistet. Nur in wenigen Fällen sei tatsächlich weniger Energie verbraucht worden. Häufig stünde die Mieterhöhung in keinem Verhältnis zur verbesserten Energiebilanz. Trettin und seine Mitstreiter setzen sich dafür ein, das sogenannte Kostensenkungsverfahren, das Bezieher von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld II schlimmstenfalls zum Umzug in eine günstigere Wohnung zwingt, auszusetzen. Derzeit bereiten sie ein Schreiben an Senat und Bundesregierung vor. Von der Schönefeld Wohnen fordern sie, Modernisierungskosten vorerst nicht mehr auf die Miete umzulegen. Laut Trettin sind viele Wohnblöcke ohnehin in schlechtem Zustand. „Immer wieder sind Fahrstühle defekt, doch der Vermieter reagiert nicht auf Mängelanzeigen. Ich glaube, aus diesen Häusern soll noch der letzte Euro herausgepresst werden.“

Neues Beratungsangebot

Das Protestbündnis  sei in seinem Engagement weitgehend auf sich allein gestellt, so Trettin. Unterstützung kommt von der Linken im Bezirk. „Wir müssen verhindern, dass die Bewohner vertrieben werden, viele von ihnen fühlen sich ohnehin abgehängt“, sagt der Bezirksverordnete Uwe Doering. Die Wohnungen dürften angesichts der Nähe zum künftigen Großflughafen BER nicht zu Spekulationsobjekten werden. Seine Fraktion werde unter den Menschen im Süden von Altglienicke für die Mieter- und Sozialberatung  werben, die ab  Januar im Rahmen des Quartiersmanagements eingerichtet wird.

Nils Michaelis, Bild: imago(/Photothek