Weigandufer wird Fahrradstraße / Initiative kämpft für Volksentscheid.

Immer mehr Berliner steigen aufs Fahrrad, doch die Infrastruktur hinkt dem Bedarf deutlich hinterher. Auch in Neukölln. Wer als Radfahrer auf Durchgangsstraßen wie der Sonnenallee unterwegs ist, muss sich die rechte Spur mit den Autos teilen. Zweite-Reihe-Parker sorgen immer wieder für Gefahren. Auch die Ausweichstrecken haben Tücken. In der Weserstraße machen Baumwurzeln den Radweg zur Huckelpiste. Wegen der engen Spurbreite kommt es häufig zu riskanten Überholmanövern auf dem Gehweg.

Viel investiert

Im Bezirksamt ist man sich der Probleme bewusst, verweist aber auch auf das Erreichte. „Kein anderer Bezirk hat in den letzten Jahren so viel in den Radverkehr investiert wie Neukölln“, sagt Baustadtrat Thomas Blesing (SPD). Verbesserungen in der Weserstraße seien nur unter großen Schwierigkeiten umzusetzen. „Um die Radwege zu verbreitern, müsste man die Bäume mitsamt der Wurzeln beseitigen, das dürfte auf großen Widerstand stoßen“, sagt er. Als wichtigste aktuelle Vorhaben nennt er die neuen Radfahrstreifen, die im Zuge des Umbaus der Karl-Marx-Straße geschaffen werden. Außerdem hat die Bezirksverordnetenversammlung das Bezirksamt beauftragt, sich dafür einzusetzen, dass der Straßenzug Weigandufer-Pflügerstraße von der Teupitzer Brücke bis zur Pannierstraße, unterbrochen durch die Kreuzungen Treptower Straße und Wildenbruchstraße, als Fahrradstraße ausgeschildert wird. In Fahrradstraßen gilt Tempo 30. Radfahrer dürfen nebeneinander fahren. Kraftfahrer müssen gegebenenfalls langsamer fahren, um Radfahrer nicht zu behindern oder zu gefährden.

Die Grünen geben sich – zumal in Zeiten des Wahlkampfs – nicht mit den Anstrengungen von Senat und Bezirk zufrieden. „Der Ausbau der Radwege braucht mehr Tempo, Blesing ruft zu wenig Senatsmittel ab“, sagt die Neuköllner Abgeordnete Anja Kofbinger. Vor kurzem starteten sie eine Postkartenaktion für zusätzliche Fahrradbügel, insbesondere an S- und U-Bahnhöfen sowie an Hauptverkehrsstraßen.

Neue Radschnellwege

Eine Initiative kämpft für einen Volksentscheid für ein „Berliner Radverkehrsgesetz“. Bis zum 10. Juni müssen dafür 20.000 Unterschriften zusammenkommen. Ziel des Gesetzes ist ein Anteil von 20 Prozent Radfahrern im Berliner Straßenverkehr, in den Außenbezirken, innerhalb des S-Bahnringes sogar 30 Prozent. Gefordert wird die Einrichtung von 350 Kilometer Fahrradstraßen, mindestens 100 Kilometer Radschnellwege, ein jährlicher Umbau von mindestens 20 Kreuzungen in sichere Verkehrsknotenpunkte, eine Grüne Welle auf mindestens 50 Hauptstraßen und zusätzliche 100.000 Fahrradparkplätze. Die Initiative beziffert die Kosten für die nötigen Maßnahmen auf 320 Millionen Euro. Der Senat kommt auf 2,16 Milliarden Euro.

Text & Bild: Nils Michaelis