Wirtschaft: 1991 schwärmt das Abendblatt vom frischen Sortiment – heute gibt‘s hier Weihnachtsmarkt.
Es ist Dezember 1991, als ein Autor des Berliner Abendblatts regelrecht ins Schwärmen gerät. „Obst und Gemüse, Blumen oder Molkerei-Erzeugnisse frisch und in guter Qualität – wer mit diesen Ansprüchen einkaufen geht, für den ist der Markt vor dem Roten Rathaus längst kein Geheimtipp mehr.“
Frühe Zweifel
Nach der Wende hätten landwirtschaftliche Betriebe und Hobby-Gärtner den Zerfall der alten Handelsstrukturen im Berliner Osten genutzt, um ihre Waren an den Mann zu bringen, zitiert das Abendblatt damals den Leiter des Marktes. So sei auch der Markt am Roten Rathaus entstanden, dessen Sortiment sich seither ständig erweitert habe. Doch auch wenn das Angebot so bunt wie möglich sein solle, würden die „typischen Offerten“ überwiegen, sagt der Marktleiter damals. Tatsächlich war der Angebotsmix des Marktes im Folgenden immer wieder Diskussionsgegenstand. Wo laut Abendblatt 1991 „bis zu 70 Händler mehr oder weniger lautstark“ ihre Waren feilboten, herrschte Jahre später an Markttagen oft gähnende Leere. Im Frühjahr 2008 nusste er seine Pforten schließen. Heute findet vor dem Roten Rathaus noch ein alljährlicher Weihnachtsmarkt statt; in diesem Jahr vom 21. November bis zum 29. Dezember. Dann erinnern etwa eine Marktgasse mit Altberliner Kulisse, eine Schlittschuh-Eisbahn, Karussells und ein vielseitiges gastronomisches Angebot an das Potential des Platzes – und an die glanzvolle Zeit, in der die Kunden laut Berliner Abendblatt auf „ihren liebgewordenen Markt“ nicht verzichten mochten.
Philip Aubreville, Bild: BAB/Archiv