Grenzturm am Schlesischen Busch erinnert an Berliner Geschichte
Wer in diesen Tagen durch den Park am Schlesischen Busch spaziert, findet kaum einen Hinweis darauf, dass genau hier im fast idyllischen Grün einst auch die Mauer die Berliner Stadthälften teilte. Allein der historische Wachturm, der hier noch steht, gibt Hinweis auf die Geschichte dieses Areals. zwischen den heutigen Bezirken Treptow-Köpenick und Friedrichshain-Kreuzberg Als Teil des Grenzanlagensystems mit Mauer, Stacheldraht und Lichtkorridor war dieser Turm einst als eine sogenannte „Führungsstelle“ innerhalb der Grenzanlagen eingerichtet. Mit Telefonanlage, Aufenthaltsraum für die Grenzer, Arrestzelle, Beobachtungsetage und Suchscheinwerfer auf dem Dach eingerichtet, diente das rund zehn Meter hohe Gebäude als Koordinierungsstelle der Überwachungsstruktur im Gelände.
Der Turm ist ein seltenes Denkmal
Von den einst 302 Wach- und Beobachtungstürmen am 155 Kilometer langen Grenzstreifen um West-Berlin sind heute lediglich nur noch acht erhalten – der Turm am Schlesischen Busch ist einer davon. Die flächendeckenden Graffitti-Schmierereien an der Turmfassade waren jetzt Anlass für eine Nachfrage des Treptow-Köpenicker FDP-Abgeordneten Stefan Förster, um sich über den Sanierungsstand am Gebäude nicht zuletzt auch anläßlich des 30-jährigen Mauerfalljubiläums zu erkundigen. „Der Turm ist in seiner baulichen Hülle und Ausstattung noch weitestgehend erhalten“, teilt Gerry Woop aus der zuständigen Senatskulturverwaltung auf Försters Anfrage mit. Das Land Berlin ist Eigentümer des Turms inklusive des Grundstücks – die Verantwortung für den Erhalt obliegt dem Grünflächenamt des Bezirkes Treptow -Köpenick. Der Bezirk wiederum hat eine Vereinbarung mit dem Kunstfabrik am Flutgraben e.V., der hier öffentliche Führungen anbietet und das Gebäude als Atelier für Kunstprojekte vermittelt. Neben der dokumentarischen Übersichtsausstellung im Erdgeschoss des Grenzwachturms ermöglicht der Flutgraben e.V. es Künstlern, Projekte im Grenzwachturm zu erarbeiten und zu präsentieren.
Mit Kunst gedenken.
Aktuell wird der Grenzwachturm im Rahmen des Projektes „The Watch“ genutzt. Künstler können sich hier über öffentliche Aufrufe für kurzzeitige, projektbasierte Arbeitsperioden im Grenzwachturm bewerben. Für 2019 seien bisher sechs künstlerische Positionen eingeladen, die sich thematisch auch mit der deutsch-deutschen Teilung auseinandersetzen werden. „Den 30. Jahrestag des Mauerfalls wird das Projekt zum Anlass nehmen, um aus dieser Arbeit zu berichten und den Wachturm selbst als erinnerungspolitischen Ort, aber auch Beobachter aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen zu diskutieren“, erklärt Sönke Hallmann, vom Vorstand des Flutgraben e.V. das diesjährige Programm in groben Zügen. „Seitdem der Verein den Grenzwachturm betreut, hält der Verein die Innenräume des Grenzwachturms instand, führt auch kleinere Reparaturen aus und macht den Grenzwachturm winterfest“, so Hallmann. Schäden durch Vandalismus würden in aller Regel in Absprache mit dem Grünflächenamt Treptow schnellstmöglich behoben. „Der Flutgraben e.V. tut dazu gern das uns personell Leistbare, den Grenzwachturm im Rahmen unserer Kapazitäten instand und öffentlich zugänglich zu halten“, so Hallmann.
Der Senat selbst hat den Turm das letzte Mal im Jahr 2004 denkmlagerecht saniert. Überlegungen, den Grenzwachturm in das 30. Jubiläum des Mauerfalls zu zu integrieren, gäbe es von Senatsseite aus jedoch nicht.
Datum: 11. März 2019, Text und Bild: Stefan Bartylla