Anwohner kritisieren Verlust von bewaldeter Fläche / Bezirk kündigt Gutachten an
Noch bieten sich am Dahlemer Weg unendliche grüne Weiten. Viele Anwohner lieben die rund 12.000 Quadratmeter große Wildnis kurz vor dem Teltowkanal, manch junge Familie ist gerade deswegen in diesen idyllischen Teil Lichterfeldes gezogen. Doch in den nächsten Jahren dürfte sich diese Landschaft gründlich verändern. Der Senat will auf der Hälfte der Fläche eine Modulare Unterkunft für Flüchtlinge (MUF) errichten. Geht alles nach Plan, könnten in gut zwei Jahren die ersten von rund 500 Bewohnern am Dahlemer Weg 247 einziehen.
Distanz zur AfD. Es ist einer von berlinweit 25 Standorten, wo insgesamt etwa 10.000 Menschen unterkommen sollen. In vielen Stadtteilen protestieren Anwohner gegen MUFs vor ihrer Haustür. So auch am Dahlemer Weg.
Auf Distanz zur AfD
„Wir haben nichts gegen geflüchtete Menschen, lehnen aber diesen Standort ab“, sagt Olaf Quell von der Bürgerinitiative Lebenswertes Lichterfelde. Wiederholt habe man sich gegenüber der AfD distanziert, die das Thema unter anderem mit einem Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung aufgegriffen hat. Das Ende März gegründete Bündnis kritisiert nicht nur den Verlust von ökologisch wertvollen Grünflächen, sondern auch die aus seiner Sicht völlig unzureichende Informationspolitik seitens Senat und Bezirksamt.
Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) hatte den Dahlemer Weg gegenüber den Landesbehörden als möglichen MUF-Standort ins Spiel gebracht. „Der Senat hat bislang keine einzige Informationsveranstaltung durchgeführt und auch das Bezirksamt duckt sich weg“, kritisiert Quell. Außerdem würden sich bereits zwei andere Flüchtlingsunterkünfte in naher Umgebung befinden. Quell wirft dem Senat vor, seiner Ankündigung, die MUFs gleichmäßig im Stadtgebiet zu verteilen, nicht gerecht zu werden.
Schutzstatus überprüfen
Die Initiative hat nun begonnen, selbst Öffentlichkeit herzustellen. Am Montag hatte sie eine Informationsveranstaltung organisiert, laut Quell kamen rund 150 Anwohner. „Die Atmosphäre war emotional“, sagt die für Integration zuständige Bezirksstadträtin Carolina Böhm (SPD), die als einzige offizielle Vertreterin des Bezirks zu dem Termin erschienen war. Sie könne verstehen, dass sich die Bewohner dieser grünen Bezirksregion von einem MUF bedrängt fühlen. „Doch diese Diskussion führen wir an jedem Standort.“
Sie wirbt dafür, erst einmal abzuwarten. Die für Naturschutzbelange zuständige Bezirksstadträtin Maren Schellenberg (Grüne) habe ein Gutachten in Auftrag gegeben, um unter anderem den Schutzstatus der von einer Rodung betroffenen Bäume zu überprüfen. Erst danach seien weitere Planungsschritte zu erwarten. „Das Bezirksamt nimmt solche Prüfverfahren sehr ernst“, betont Böhm. Zudem würden MUFs „falsche Bilder im Kopf“ auslösen: „Sollte die Einrichtung kommen, werden dort Menschen leben, die sich schon länger hier aufhalten und nicht mehr auf Sprachkurse und andere Integrationsangebote angewiesen sind.“ Die Bürgerinitiative hatte kritisiert, dass die geplante MUF wegen der abgeschiedenen Lage und schlechter Nahverkehrsverbindungen eine Integration der Bewohner erschwere.
Text: Nils Michaelis, Bild: imago/Cristian Ditsch