Stadtentwicklung: Ein Bauprojekt in Nikolassee sorgt für Unmut – doch selbst eine Bürgerinitiative für den Erhalt des Ortsbildes mag die Aufregung nicht nachzuvollziehen.
Wegen eines Bauvorhabens in der Lückhoffstraße in Nikolassee herrscht Unmut in der Nachbarschaft: Einige Anwohner fürchten eine Aufweichung der Vorgaben für Bauten in der historischen Villenkolonie, in der es diesbezüglich schon länger rumort, und warnen vor einem gefährlichen Präzedenzfall. Beim Bezirksamt wiegelt man ab – und auch im Kiez selbst mag nicht jeder die Aufregung teilen.
Verdacht auf Sonderbehandlung
Im „Tagesspiegel“ hatten sich mehrere Anwohner anonym zu dem geplanten Neubau geäußert, für den sie Sondergenehmigungen vermuten und der ihrer Ansicht nach als möglicher Geschossbau mehrere Parteien beherbergen könnte. Ein weiterer Streitpunkt ist die erlaubte Bebauungstiefe des fraglichen Grundstückes, auf dessen hinterem Teil sich schützenswerte Grünfläche befindet.
Dabei geht es um weit mehr als ein einzelnes Bauprojekt: In Nikolassee fürchtet mancher, dass grundsätzlich die Weichen in eine falsche Richtung gestellt werden und es Investoren in die Gegend zieht, deren Bauten das charakteristische Ortsbild zerstören könnten. Seit Jahren gibt es deshalb immer wieder Protest, wenn etwa alte Villen modernen Glasbauten weichen sollen – so auch auf dem Grundstück, das nun auch mit neuen Eigentümern und Bauplänen wieder zum Zankapfel geworden ist. 2014 beschloss des Bezirksparlament deshalb sogar eine Veränderungssperre. Zudem sollen weitere Regelungen künftig für Klarheit in historisch gewachsenen Vierteln sorgen. „Die generellen Bebauungspläne mit dem Ziel des Ortsbilderhaltes sind seit langer Zeit in Arbeit und werden nach und nach für die entsprechenden Gebiete festgesetzt“, sagt Stadtrat Frank Mückisch (CDU) und weist zudem den Vorwurf von Ausnahmegenehmigungen von sich. Die Kunst sei es, den Maßstab und die prägende Gestalt zu wahren und bei Neubauten umzusetzen. „Dieser Aufgabe stellt sich der Bezirk in allen Villen- und Landhausgebieten von städtebaulicher Bedeutung mit entsprechenden Bebauungsplänen, die dazu über Erhaltungsverordnungen und andere Festsetzungen Regelungen treffen“, so Mückisch weiter. Auch wegen solcher Pläne der Politik sieht etwa Henning Schröder die aktuelle Auseinandersetzung gelassener als mancher Nachbar. „Das Misstrauen gegenüber Bezirk und Verwaltung kann ich nicht nachvollziehen“, erklärt der Vorsitzende der „Bürgerinitiative Nikolassee“, die sich für den Erhalt des Ortsbildes einsetzt. So sei die Initiative mit ihrem Drängen für einen entsprechenden Bebauungsplan bei der Stadtplanung auf offene Ohren gestoßen. Gerade der geplante Haus-Entwurf ist für Schröder dabei unproblematisch: „Ich habe ihn kurz gesehen; er passt sich meiner Erinnerung nach dezent der angrenzenden Bebauung an und erfüllt in seiner straßenseitigen Anmutung die von der Stadtplanung gemachten Vorgaben.“ Eine „massive Bausünde“, wie es sie etwa am Schlachtensee gebe, sei hier jedenfalls nicht zu befürchten.
Hoffnung bleibt
Denn auch in der Lückhoffstraße könnte sich die Situation so entwickeln, wie es sonst im Ortsteil häufig geschieht. „Hier ist seit einigen Jahren ein Generationswechsel im Gange, wobei festzustellen ist, dass sich die neuen Hauseigentümer trotz hoher Kosten bemühen, die bestehenden Gebäude zu sanieren. Dies geschieht meiner Kenntnis nach in harmonischer Abstimmung mit der Nachbarschaft, die anerkennt, dass damit ein Beitrag zur Ortsbilderhaltung durch Bestandserhaltung geleistet wird“, berichtet Schröder.
Philip Aubreville