Tag des offenen Denkmals: So geht in Pankow – manchmal – Denkmalschutz.

Interessierte sollten sich beeilen: Wer sich am 8. und 9. September, jeweils 16 Uhr, ausführlich über die Wohnstadt Carl Legien informieren möchte, muss sich bis spätestens 6. September für entsprechende Führungen angemeldet haben (Kontakt-Telefonnummer: 030 897 86 54 01). 2008 wurde das im nordöstlichen Prenzlauer Berg gelegene Viertel als eine von sechs „Siedlungen der Berliner Moderne“ (unter anderem Weiße Stadt in Reinickendorf, Siedlung im Schillerpark im Wedding) in die Unseco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Dies auch, weil die Wohnstadt zwischen 1995 und 2004 nach strengen denkmalpflegerischen Prinzipien saniert und die 1149 Eineinhalb- bis Viereinhalb-Zimmerwohnungen zeitgemäß modernisiert worden sind.

Ziemliche Zerstörungen

So viel Glück hat die Wohnanlage Sellinstraße 7-12, Kissingenstraße 7-8, Lohmestraße 1-6, Borkumstraße 19-19a nicht. Die Wohnblöcke werden in der Denkmalliste Pankow unter der Nummer 09050585 als Gesamtanlage geführt. Diese ist von hoher städtebau- und architekturgeschichtlicher Bedeutung, wurde zwischen 1926 und 1928 nach Entwürfen des renommierten Schweizer Architekten Otto Rudolf Salvisberg errichtet und muss gerade im Zuge einer Modernisierungsmaßnahme ziemliche Zerstörungen erleiden (das Berliner Abendblatt berichtete).

Dass dabei die verantwortliche Untere Denkmalschutzbehörde Pankow eine nicht gerade rühmliche Rolle spielt, ist insofern tragisch, da sie zum Beispiel mit der Wohnstadt Carl Legien und anderen sanierten Denkmalen im Bezirk bewiesen hat, dass sie durchaus bereit und in der Lage ist, den Denkmalschutz auch wirklich durchzusetzen. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, warum dies im Falle der Wohnanlage rund um die Sellinstraße nicht der Fall ist.

Fakt jedenfalls ist, dass vieles von dem, was in der Zustimmung zum Bauantrag von der Unteren Denkmalschutzbehörde gefordert wird, nicht umgesetzt wird. So heißt es zum Beispiel: „Originalbauteile wie bauzeitliche Fußböden, Türen, Beschläge, Fernsteroliven, Türschlitzklappen an den Wohnungseingangstüren, Klingelschilder, Geländer, Gitter, Treppen und anderes sind vor dem Baubeginn zu sichern und zu schützen und später aufzuarbeiten.“

Große Sorgen

Dass diese und andere Auflagen von der ausführenden Baufirma weitestgehend nicht beachtet werden, scheint weder die Auftraggeberin, die Wohnungsgesellschaft Gesobau, und schon gar nicht die Untere Denkmalschutzbehörde zu stören. Eher fühlt sich deren Chefin Kerstin Lindstädt von den besorgten Mietern gestört, die sich um die Denkmalschutzsubstanz ihrer Wohnanlage große Sorgen machen.

So beklagte sich eine Mieterin am 31. Juli 2018, dass die Klingelbretter im Treppenhaus der Lohmestraße 1 entfernt und nicht wieder angebracht wurden. In der Antwort von Pankows oberster Denkmalschützerin heißt es unter anderem, dass sie hoffe, dass eine denkmalgerechte Ausführung aller Maßnahmen am Objekt gesichert werde. Zugleich betonte sie: „Die Untere Denkmalschutzbehörde nimmt keine Bauleitungsaufgaben wahr… Wir müssen uns insofern auf die örtliche Bauleitung verlassen.“ Seltsamer Denkmalschutz?

Datum: 31.08.2018 Text und Bild: Ulf Teichert